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Seltener Fund
By Editorial Department access_time 9 min read

In manchen Schatzkisten und Gräbern verbirgt sich manchmal unvergänglich Schönes: So fand sich zwischen den Gebeinen von Karl dem Großen ein Talisman des Herrschers, ein Geschenk des Kalifen Hārūn ar-Raschīd. Das Amulett war aus Gold gefertigt, besetzt mit Granaten, Smaragden und Perlen. In der Mitte fassten zwei blaue Saphire Haar der Jungfrau Maria ein. Kaum zu glauben? Das kostbare Schmuckstück zumindest gibt es immer noch, zu sehen im erzbischöflichen Palast der französischen Stadt Reims. Einer der Saphire ist verschwunden und ersetzt worden und statt Haaren befinden sich nun Splitter in dem Talisman – Holzsplitter vom Kreuze Christi. Heißt es.

Der rote Rubellit Turmalin fördert geistiges Wachstum und wirkt positiv auf das Blut.
Der rote Rubellit Turmalin fördert geistiges Wachstum und wirkt positiv auf das Blut.

Die funkelnden Steine sind aber nicht mehr nur großen Herrschern und ihren Mythen vorbehalten. Sie liefern heute auch Stoff für ganz weltlich-wirtschaftliche Geschichten – wenn auch manchmal mit fast königlichen Preisen. So erwarb im Mai 2015 ein anonymer Bieter beim Auktionshaus Sotheby’s den Rubin „Sunrise Ruby“, eingefaßt in einen Ring, für stolze 27 Millionen Euro. Zuvor war der Stein gerade mal auf einen Wert zwischen 10,7 und 16 Millionen Euro geschätzt worden.

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Nun hat nicht jeder 27 Millionen Euro oder heiliges Holz zur Hand. Trotzdem können Rubine, Saphire und Smaragde interessant sein – etwa, um in Niedrigzins-Zeiten etwas Glanz und Gewinn ins Portfolio zu bringen. Das Stichwort lautet: Farbedelsteine als Kapitalanlage.

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Eine Firma, die sich darauf spezialisiert hat, ist Dreherdt+ aus der Edelstein-Hauptstadt Idar-Oberstein. Über ein globales Netzwerk und Kontakte zu Firmen vor Ort vermitteln Gründer Patrick Dreher und sein Partner Oleg Herdt den Kunden exklusive Farbedelsteine. „Weltweit gesehen sind in den letzten zehn Jahren die Edelsteinfunde massiv zurückgegangen“, sagt Dreher, dessen Familie schon in der 13. Generation in der Edelstein-Branche tätig ist. „Und der Bedarf ist gestiegen.“
Dreherdt+ schreibt sich auf die Fahne, deutlich geringere Vermittlungsgebühren zu nehmen, als die Preisaufschläge bei Juwelieren betragen. So kaufe der Kunde fast zum Herstellungspreis ein, wirbt Dreher, ohne allerdings öffentlich die Höhe seiner Gebühren zu verraten. „Damit ist die Wertsteigerung so gut wie sicher.“ Doch Obacht! Denn der Experte spricht damit indirekt auch ein Problem an, das Farbedelsteine als Kapitalanlage oft mit sich bringen: eine schwierige Preisfindung und hohe Margen bei der Vermittlung.

Die Farbedelstein-Experten Patrick Dreher und Oleg Herdt.
Die Farbedelstein-Experten Patrick Dreher und Oleg Herdt.

Anders als etwa bei Gold, bei dem man jederzeit den aktuellen Dollar-Preis pro Feinunze (Gewicht) nachschauen kann, gibt es für Farbedelsteine keine offiziellen Kurse. Denn sie sind immer Einzelstücke und viele Faktoren ausschlaggebend für deren Preis – etwa Seltenheit, Karat (Gewicht), Farbe und Schliff. Für einen Laien ist es kaum möglich, den Wert eines Farbedelsteins zu bestimmen. Er muss Gutachter zurate ziehen, bezahlen und sich auf deren Urteil verlassen. So sagt Andreas Görler vom Vermögensverwalter Wellinvest mit Blick auf solche Investments: „Für jemanden, der einfach Geld anlegen will, ist das sehr schwierig und individuell, ein wenig wie Kunst.“

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Wie bei Kunstgegenständen gilt auch bei Edelsteinen: Vorsicht vor Tricks, Betrügern und Imitaten. So können Edelsteine synthetisch und täuschend echt erzeugt werden, oft nur von Experten nachweisbar. Und es gibt auch billigere Tricks: „Rubine werden etwa mit farbigem Glas aufgefüllt“, sagt Dreher. „Ein Laie sieht keinen Unterschied. Dann kostet das Karat statt 15’000 nur noch 5 Euro. Wir empfehlen daher, immer ein Zertifikat einzufordern.“

Der Paraiba-Turmalin klärt Verwirrungen und regt die Nerven an.
Der Paraiba-Turmalin klärt Verwirrungen und regt die Nerven an.

Solch ein Gutachten eines renommierten Labors gehört zu jedem seriösen Edelstein-Angebot. Der Wiener Edelstein-Experte und -Händler Heinz Schiendl liefert Steine unter anderem mit Gutachten des Gemmologischen Labors Austria, die einen Schätzwert enthalten. „Die Preisschätzung in einem Gutachten gibt den gehobenen Detailhandelswert an, die obere Messlatte“, erklärt Schiendl. „Davon 10 Prozent abgerechnet, hat man den Durchschnittspreis, den man auch bei einem Landjuwelier zahlen würde. Und jetzt ist die Frage, um wie viel billiger man das gute Stück bekommen kann.“ Die Gutachten großer internationaler Institute enthalten in der Regel keine Preisschätzung.

Der Aquamarin symbolisiert Frieden und hilft den Augen.
Der Aquamarin symbolisiert Frieden und hilft den Augen.

Wer einen echten, zertifizierten Stein zu einem guten Preis gekauft hat, ist aber noch nicht auf der sicheren Seite. Denn wenn ein Besitzer dann einmal verkaufen möchte, weil er vielleicht schnell Bares braucht, muss er erst einmal einen Käufer finden. „Selbst wenn man seine Edelsteine von einem Experten begutachten lässt, ist der geschätzte Preis beim Wiederverkauf meist nicht erzielbar“, warnt Ariane Lauenburg, Redakteurin für Geldanlage bei der Zeitschrift Finanztest der Stiftung Warentest. Da es keinen privaten Verkaufsmarkt für Edelsteine gebe, müssten Anleger die Steine an Händler oder Juweliere verkaufen. „Deren Margen sind oft zweistellig, bei Juwelieren teilweise auch dreistellig. Anstatt von möglichen Wertzuwächsen der Steine zu profitieren, erleiden Anleger oft Verluste“, sagt Lauenburg.

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Ein Ausweg aus dem Dilemma? Manche Händler bieten ihren Kunden an, Steine zurückzukaufen oder sie in ihrem Kundenkreis wieder anzubieten. Sie argumentieren, dass sich hochqualitative, seltene Steine oft auch in kurzer Zeit und mit Gewinn wieder verkaufen ließen. Wertvollere Edelsteine lassen sich auch bei Auktionshäusern wie Christie’s oder Sotheby’s veräußern. All das sind Möglichkeiten – aber keine Garantien.
Doch genug von den Risiken. Denn Edelsteine bieten auch Vorteile und Chancen. Zuerst einmal sind die Schätze aus dem Erd-Inneren mehr als nur eine reine Geldanlage. In Jahrmillionen entstanden unter riesigem Druck, heben sie sich von anderen Mineralien ab durch große Reinheit und teils enorme Härte. Geschnitten, geschliffen und poliert kommt ihre wahre Schönheit zu Tage. Eingefasst in ein Schmuckstück kann ein Stein seiner Besitzerin oder seinem Besitzer täglich Freude bereiten. Und welche Aktie, die virtuell im Depot liegt, könnte da auch nur ansatzweise mithalten? Edelsteinfans sprechen von emotionaler Rendite.

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Auch bieten Edelsteine eine gewisse Sicherheit und Wertbeständigkeit, da der Wert eines Rubins oder Smaragds wohl nie auf Null fallen wird, was bei Aktien durchaus möglich ist. Im Vergleich zu Diamanten preisen die Farbedelstein-Experten außerdem die größere Seltenheit. „Bei Diamanten gibt es riesige Ressourcen, aber den Markt und die Preise kontrollieren große Konzerne, vor allem aus Südafrika und Russland“, erklärt Oleg Herdt von Dreherdt+. Heinz Schiendl geht noch weiter und sagt: „Diamanten sind vor allem ein Marketing-Gag. Den klassischen Einkaräter kann man – Bonität vorausgesetzt – zu Tausenden bestellen und bekommt ihn innerhalb weniger Tage. Ein hochwertiger Rubin ist tausendmal seltener selbst als ein lupenreiner Diamant.“

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Der Experte aus Wien sieht auch gegenüber Gold Vorteile: „Ich habe noch nie gehört, dass Goldman Sachs auf fallende Smaragd-Preise wettet, aber auf fallende Goldpreise durchaus“, sagt Schiendl. Auch Dreher schlägt in die gleiche Kerbe, wenn er sagt: „Beim Goldpreis wird viel mehr spekuliert und er unterliegt starken Schwankungen. Bei Edelsteinen ging der Preis in den letzten zehn Jahren im Grunde nur nach oben.“

Ein Blick auf den Gemval-Edelstein-Index, der 26 Edelsteinarten beinhaltet und vor allem den US-Markt abbildet, zeigt tatsächlich: Seit dem Start des Index im Jahr 2005 hat er sich bis heute im Wert beinahe verdoppelt. Allerdings lohnt auch ein genauer Blick auf die einzelnen Steinarten. So haben Rubine und Saphire etwa seit 2005 stark zugelegt, mussten seit 2015 aber auch wieder kleinere Einbußen hinnehmen. Der Tansanit, ein blauer Edelstein, ist laut Gemval nach einem Höhepunkt Anfang 2012 mittlerweile sogar wieder günstiger bewertet als im Jahr 2005.

Wichtiger als solche Preistendenzen ist jedoch, dass jeder Anlage-Edelstein ein ausgesuchtes Einzelstück mit einem ganz eigenen Wert ist. Bei der Auswahl ist die Seltenheit ein entscheidender Faktor. „Ich würde zum Beispiel keinem Kunden zu Aquamarinen als Wertanlage raten, denn die gibt es auf allen fünf Kontinenten“, sagt Schiendl. „Ein Tansanit, den es nur in Tansania gibt, macht dagegen Sinn. Oder ein blauer Zirkon, den es nur in einer Region in Kambodscha gibt, die kleiner ist als die Stadt Berlin.“

Patrick Dreher rät: „Im Hochpreissegment, wo man auch schon mal mehr als 100’000 Euro zahlen kann, empfehle ich Paraiba Turmaline. Im mittleren Preissegment ab 10’000 oder 20’000 Euro Mandarin Granate. Und für Einsteiger ab etwa 5000 Euro normale grüne oder rote Turmaline.“

Text /// Timo Nowack

Wer Feuer gefangen hat für Edelsteine und wen die Risiken nicht schrecken, der sollte folgenden Tipps zur Edelsteinanlage beachten:

  • Edelsteine eignen sich nicht, um schnelle Spekulationsgewinne einzufahren. Geduld ist gefragt. Fünf bis zehn Jahre Zeit sollte ein Anleger mitbringen – und sicher sein, dass er solange auf sein Geld verzichten kann.
  • Kaufen sollte man Edelsteine nur bei vertrauenswürdigen Händlern mit gemmologischer Ausbildung, die zu jedem Stein ein Gutachten eines großen Institutes mitliefern, etwa von Gübelin oder GRS Gem Research in der Schweiz, der Deutschen Stiftung Edelsteinforschung oder des Gemological Institute Of America.
  • Edelsteine sollten nur einen Teil des Portfolios ausmachen. Wealth Manager Andreas Görler empfiehlt sogar: „Man sollte schon ein Vermögen in zweistelliger Millionenhöhe haben, damit es Sinn macht, als einen Teil der Streuung Edelsteine ins Portfolio zu nehmen.
  • Eine gewisse Leidenschaft darf bei solch einer hochkarätigen Anlage natürlich nicht fehlen. „Es kann das schönste Hobby und die sprichwörtlich attraktivste Wertanlage der Welt sein“, sagt Heinz Schiendl. „Aber man muss wissen, womit man sich auseinandersetzt.“

Farbedelsteine