Die Handschrift eines meisterhaften Gärtners erkennt man an der geplanten Zufälligkeit, mit der er seiner Idee Gestalt zu geben vermag. Wenn dann auch noch eine flammengleiche, durch Geduld gezähmte Leidenschaft hinzukommt, sich das Strenge mit dem Lockeren versöhnt, dann entsteht mitunter etwas Großes wie Sissinghurst in der Grafschaft Kent, etwa 40 Kilometer südwestlich von Canterbury.
Feiner englischer Landregen lässt die Motorhaube des Aston Martin DB11 dampfen und gibt dem Grün der Heckentunnel einen verwunschenen Glanz. Der 12 Zylindermotor mit 5,2 Liter Hubraum und Doppel-Turbolader leistet einen wunderbaren Vortrieb, bequem und spitzig zugleich geht es voran. Wir schängeln uns durch Dörfer voller historischer Häuser, vorbei an mit Hecken umrahmten Feldern. Die kurvige Landstraße ist an engen Stellen kaum breit genug für Gegenverkehr; Überholmanöver sind nur selten ratsam. Links und rechts des Weges auf der A262 stehen alte Bäume Spalier, zumeist Eichen, Buchen, Kastanien und Linden. Kurz hinter dem Pub „The Milkhouse“ geht es plötzlich ab, und nach ein paar hundert Metern wartet ein ziemlich geräumiger Parkplatz. Mit rund 160.000 zahlenden Besuchern jährlich zählt Sissinghurst zu den beliebtesten Gartenanlagen der Welt.
„War von Liebe überwältigt“, hatte die attraktive Poetin Vita Sackville-West ihrem Tagebuch anvertraut, als sie ebenfalls bei Regen an einem schicksalhaften Tag im April 1930 jenes verwahrloste Anwesen zum ersten Mal betrat. Als Gebäude gab es nur einen baufälligen Schlossturm, marode Farmgebäude und ein paar Mauerreste aus der Zeit der Tudors. Dennoch war die Fantasie der Schriftstellerin entbrannt. Gemeinsam mit ihrem Ehemann, dem Diplomaten und Journalisten Harold Nicolson, war sie drei Wochen später stolze Besitzerin von 3 Hektar unkrautüberzogenem Farmland, das in den darauffolgenden Jahrzehnten heranreifte zu einer gefragten Pilgerstätte von Gartenfans aus der ganzen Welt.
GARTEN EINER POETIN
Als Einstieg empfiehlt sich der Aufstieg im Turm. Von oben gewinnt man einen Überblick und erkennt die Unterteilung in zehn halbverborgene „Rooms“, jeder mit einem eigenen Charakter. Als Gliederungselemente dienen Mauern und Hecken. Für die eigentliche Bepflanzung war die eher romantisch veranlagte Vita verantwortlich. Besonders berühmt ist der „Weiße Garten“, wo Düfte anstelle von Farben vorherrschen sollten. Die Schriftstellerin wollte einen Garten schaffen, den man auch bei Vollmond besuchen könnte. Das Licht des Mondes sollte auf die Blüten fallen und von ihnen reflektiert werden. Prägend für die Bepflanzung sind weiße Glyzinien, Lilien, Jasmin, Delphinium und tränende Herzen. Diese Blumen verströmen einen besonders intensiven Duft, da sie über keine Farben verfügen um Insekten für die Bestäubung anzulocken.
Gleich hinter dem „White Garden“ befindet sich der Eibengang, von Harold Nicolson entworfen. Diese hundert Meter lange Doppelhecke fungiert wie ein Korridor, der die Besucher in die hellen, duftenden Gartenbereiche führt, die sich links und rechts eröffnen. In Sissinghurst ist es im Prinzip egal, in welche Richtung der Besucher spaziert. Man läßt sich von der jeweiligen Stimmung treiben. Ein Prinzip, welches in gewisser Weise auch das Leben von Vita und Harold bestimmte. Vita unterhielt verschiedene, teilweise gleichgeschlechtliche Liebesbeziehungen, so auch mit Virginia Woolf.
Die Schriftstellerin wollte einen Garten schaffen, den man auch bei Vollmond besuchen könnte.
Die bekannte Schriftstellerin veröffentlichte 1928 ihren Roman „Orlando“. Dieser war Vitas Leben inspiriert und wurde von Vitas Sohn, dem späterem Verleger Nigel Nicolson, als der längste und charmanteste Liebesbrief in der Geschichte der Literatur bezeichnet. Nicht verpassen darf man den Rosengarten, eine grandiose Zusammenstellung historischer Sorten. Vita liebte deren üppige Blüten, samtigen Farben und den Duft. Sie nahm in Kauf, dass diese Rosen, im Gegensatz zu modernen Sorten, nur einmal im Jahr (im Juni) blühen. Heute wird die Blütezeit des Gartens durch Stauden und Clematis verlängert.
GESCHICHTSTRÄCHTIGES ANWESEN
Nach einem ebenso kurzen wie vergnüglichen Spurt in westliche Richtung besuchen wir mit Hever Castle ein besonders geschichtsträchtiges Anwesen, dessen teils ummauerter Garten im italienischen Stil für eine völlig andere Gestaltungsrichtung steht. Augenfällig ist der stark repräsentative Charakter mit herrlichen Solitären. Das Schloss war ursprünglich Landsitz der Familie Boleyn. Die verführerische Anne Boleyn, zweite Ehefrau von König Heinrich VIII., verbrachte hier einen Teil ihrer Kindheit. Ihre Weigerung, sich dem König als Mätresse hinzugeben, führte zu dessen Scheidung von Katharina von Aragon und war einer der Auslöser für die Entstehung der Anglikanischen Kirche durch Trennung der Kirche Englands von Rom. In der Folgezeit wechselte das Gebäude mehrfach die Eigentümer. 1903 ging Hever an den britisch-amerikanischen Millionär William Waldorf Astor, der das Schloss vollständig im pseudo-mittelalterlichen Stil restaurierte.
Für das römische Flair mit Wasserspielen ließ Astor zahlreiche Skulpturen und Pflanzgefäße aus der Villa Borghese importieren. Ein Pavillon im palladischen Stil, eine Loggia mit Blick auf einen großen künstlichen See und eine Nachbildung des Trevi-Brunnens vervollständigen das Ensemble. Die Mauer an der Loggia wurde im pompejanischen Stil gestaltet, sie enthält Nischen und Rotunden für Statuen und andere in Rom geplünderte archäologische Funde. Der quadratische Irrgarten wurde im Jahr 1904 angelegt. 2013 wurden die Eiben radikal zurückgeschnitten, um die ursprüngliche Form wiederherzustellen. In der Nähe befindet sich eine Gruppe von Formbüschen, die als Schachfiguren geschnitten wurden und ein Anne-Boleyn-Garten, der mit Gartenpflanzen aus ihrer Lebenszeit gestaltet ist. Annes Baumgarten mit Spalierobst beherbergt Bienenstöcke. Zum umfangreichen, vielfältig gestalteten Garten zählen ferner ein Rosengarten, ein blauer Garten und der Diana Walk mit Staudenpflanzungen im Präriestil.
Schon seit jeher spiegelte die britische Gartenkultur nicht nur Gesellschaftsordnungen und Machtverhältnisse. Auch ästhetische Moden fanden Ihren Niederschlag. In keinem Land dieser Welt ist die gärtnerische Kultur so weit entwickelt wie auf der Insel. Das hat auch mit den klimatischen Rahmenbedingungen zu tun. Unter dem Einfluss des Golfstroms herrscht gemäßigtes, feucht-ozeanisches Klima mit mäßig warmen Sommern und nicht allzu kalten Wintern. Das begünstigt das Wachstum vielerlei Pflanzen, auch exotischer Sorten.
In keinem Land dieser Welt ist die gärtnerische Kultur so weit entwickelt wie auf der Insel.
In Cornwall etwa fühlen sich sogar Palmen wohl. Azaleen, Rhododendren und andere immergrüne Pflanzen, die ständig Wasser verdunsten, suchen nach einer konstanten Luft- und Bodenfeuchte. Wer eine Gartenroute zusammenstellen möchte, hat also schier unerschöpfliche Möglichkeiten. Es gibt wunderbare Waldgärten wie Caerhays Castle oder Trebah, Rosengärten, Landschaftsgärten, Ziergärten, romantische Gärten, Schlossgärten, verspielte Blumengärten, Staudengärten und viele andere Varianten mehr. Man kann ohne großen Stress unterwegs sein, sich zwei bis drei Etappenziele pro Tag setzen und die Nächte verbringen in Herrenhäusern entlang der jeweils gewählten Route.
ROSEN DER KÖNIGIN
Zu den Highlights der Tour zählt das Cliveden House in Berkshire. Es gehört einst William Waldorf Astor, bevor der exzentrische Unternehmer nach Hever Castle zog. Hinter der prächtigen Fassade kultiviert dieses große klassische Haus aus dem 17. Jahrhundert den Charme englischer Interieurs mit gewaltigen Kaminen, vertäfelten Wänden und üppigen Polsterstoffen. Die Schönheit der antiken Möbel und der Gemälde sorgt für eine persönliche Atmosphäre. Der luxuriöse Herrensitz liegt inmitten einer 150 Hektar großen Parkanlage oberhalb der Themse und konnte im Laufe seiner Geschichte zahlreiche illustre Persönlichkeiten begrüßen, von denen einige, wie etwa Chaplin oder Churchill, als Namensgeber für Gästezimmer gedient haben. Dass diese Gentlemen-Welt die perfekte Kulisse abgeben würde für den DB11, war zu erwarten. Der Gran Turismo hat nichts Aufreizendes, trotzdem aber an den richtigen Stellen beeindruckend athletischeZüge. Der Wagen strahlt durch und durch Noblesse aus, Symbol britischer Automobilbaukunst. Obwohl technisch ein Supersportler, ist er bemerkenswert alltagstauglich, ein wirklicher Tourenwagen zum Reisen.
Weiter geht es Richtung Savill Garden in Windsor, von Cliveden House nur einen Katzensprung entfernt. Savill gehört zu den schönsten Ziergärten des Landes. Erbaut wurde der Garten in den 1930ern mit der Unterstützung von König Georg V. und Königin Mary durch Sir Eric Savill und ist seither die Heimat des Rosengartens der englischen Königin. Um in aller Ruhe die 14 Hektar miteinander verbundener Gärten und Waldgebiete zu sehen, sollte man einen halben Tag einplanen. Jeder der Gartenteile bietet besondere Gruppen saisonaler Pflanzen mit vibrierenden Farben und Düften. Einige der größten Bäume des Landes und eine Auswahl seltener und einzigartiger Blumen lassen sich hier ebenfalls finden.
Ebenfalls adligen Ursprungs ist Sheffield Park Gardenbei Uckfield in East Sussex. Er war im 18. Jahrhundert von Capability Brown angelegt worden, einem der größten englischen Gartenbaumeister überhaupt. Anfang des 20. Jahrhunderts hatte die Arbeiten an dem Garten der damalige Besitzer Arthur G. Soames fortgeführt. Besonders schön anzusehen ist er im Frühherbst, wenn sich die Blätter färben und das Laub der Ahornbäume aufleuchtet in einem strahlenden Rot. Ebenfalls beeindruckend: verschwenderisch gepflanzte Rhododendren, zweifellos die bevorzugten Pflanzen von Soames. Bis heute prägen sie den Park mit seinen durch Wasserfälle verbundenen Seen.
GEZIELTE VERWILDERUNG
In der Nähe des Naturschutzgebietes Ashdown Forest liegt Gravetye Manor. Das Herrenhaus im elisabethanischen Stil ist heute ein gemütliches Country House Hotel. Der Garten ist insofern interessant als hier mit William Robinson eine der bekanntesten Persönlichkeiten der englischen Gartenkultur wirkte. Während rund 50 Jahren realisierte dieser Künstler einen unvergleichlich schönen Blumengarten. 1871 gründete Williams das Magazin „The Garden“, das sich zur meist gelesenen Gartenzeitschrift entwickelte und der naturnahen Gartengestaltung mit heimischen und fremden, aber in England winterharten Stauden und Gehölzen Vorschub leistete.
Heute präsentiert sich die weitläufige Anlage mit verschiedenen kostbaren Solitär-Bäumen wie 120 Jahre alten Korsischen Schwarzkiefern und dem größten Taschentuchbaum des Landes. Beim Spaziergang am Südhang entlang eröffnen sich weite Ausblicke in ein Tal mit See und Blumenwiesen.
Die Blütensaison beginnt dort im Februar mit einem Meer an Schneeglöckchen und Krokussen. Später folgen Wildnarzissen zusammen mit Blausternen. Nach deren Blüte öffnen sich hellblaue nach Robinson benannte Buschwindröschen. Zum Sommerbeginn sprießen dann Margeriten, Butterblumen und Tausende von Wildorchideen. Gerade in solchen wohlüberlegenden Abfolgen zeigt sich die kundige Hand des Gärtners. In besonderer Schönheit findet diese Pflanzenkenntnis auch in den gemischten Rabatten ihren Niederschlag.
Die kontinuierliche Abfolge von Blütenhöhepunkten vom Frühjahr bis spät in den Herbst hinein ist immer wieder für überraschende Blickwinkel gut. Gut lassen sich in Gravetye auch Elemente gezielter Verwilderung inspizieren, wie etwa das Spiel von Kletter- und Ramblerrosen, die sich in alte Obstbäume ranken und Mauern oder Pergolen überziehen.
Einen ganz anderen, rauen Charakter hat der Garten von Sizergh Castle am Rande des Lake District unweit der Stadt Kendal in der Grafschaft Cumbria.
Das liegt vor allem an dem preisgekrönten Steingarten, in dem teilweise riesige Kalksteine liegen, die von Moosen, Flechten und Farnen malerisch eingefasst sind. Steinstufen und -platten führen durch die Anlage. Die klaren Formen machen den Steingarten zu einem einzigartigen Ort, an dem man Ruhe finden und seine Gedanken ordnen kann.
TEXT UND FOTOS // THOMAS GARMS
RÜCKKEHR DES ULTIMATIVEN SPORT-GT-CABRIOS
Neben dem Aston Martin DB11 Coupé gibt es jetzt auch den neuen DB11 Volante. Entscheidender Unterschied neben dem elegant zugeschnittenen Stoffverdeck: Für den Antrieb sorgt kein V12, sondern ein neuer, 510 PS starker V8 von Mercedes-AMGmit Doppel-Turbolader. Die Struktur basiert wie beim DB11 Coupé auf einer Karosserie aus verbundverklebtem Aluminium. Das neue Modell ist leichter und steifer als sein Vorgänger und wurde so konzipiert, dass es wesentlich vielseitiger einsetzbar ist. Durch mehr Leistung und ein verbessertes Handling wird der sportliche Charakter betont, während die erhöhte Raffinesse, der Komfort und der großzügige Innenraum sicherstellen, dass es sich nach wie vor um den perfekten “Grand Tourer” handelt (ab 199.000 Euro).
GARTENAUSWAHL
Sissinghurst Castle Garden
Historischer Landsitz in der englischen Grafschaft Kent, etwa 40 Kilometer südwestlich von Canterbury. Die Anlage zählt zu einer der beliebtesten Gartenanlagen der Welt.
Adresse: Biddenden Road, near Cranbrook, Kent, TN17 2AB
www.nationaltrust.org.uk/sissinghurst-castle-garden
Leeds Castle
Wasserschloss, etwa sechs Kilometer südöstlich von Maidstone und damit mitten im Herzen der englischen Grafschaft Kentgelegen. Übernachtungsmöglichkeit auf dem Schloss.
Adresse: Leeds Castle,Maidstone, Kent ME17 1PL
Hever Castle
Schloss mit einem ummauerten Garten nach italienischem Geschmack nahe des Dorfes Hever bei Edenbridge, Kent.
Adresse: Hever Rd, Hever, Edenbridge TN8 7NG
Borde Hill
Haywards Heath, Sussex
A stunningly beautiful and botanically rich heritage Garden, set within over 200 acres of traditional parkland. It captivates and delights visitors with a series of intimate ‘living garden rooms’, fine woodland, parkland, lakes and outstanding views across the Sussex High Weald.
Adresse: Borde Hill, Haywards Heath RH16 1XP
Hidcote Manor Gardens
Bedeutender und vorbildlicher Garten in der Grafschaft Gloucestershire. Charakteristisch für den mehr als vierzigtausend Quadratmeter umfassenden Anlage sind vor allem die Unterteilung in verschiedene Gartenräume.
Adresse: Hidcote Bartrim, Chipping Campden GL55 6LR
www.nationaltrust.org.uk/hidcote
Gravetye Manor
Park mit wilden englischen Naturgärten in der Handschrift von William Robinson, dem Begründer dieser Landschaftsgestaltung. Übernachtungsmöglichkeit in einem englischen Country House mit ausgezeichneter Küche.
Adresse: Vowels Ln, West Hoathly RH19 4LJ
Sheffield Park Garden
Parkähnlicher Garten bei Uckfield in East Sussex.Im 18. Jahrhundert von Capability Brown angelegt, einem der größten englischen Gartenbaumeister überhaupt.
Adresse: Sheffield Park, Uckfield, East Sussex, TN22 3QX
www.nationaltrust.org.uk/sheffield-park-and-garden
The Savill Garden
Ornamentaler Garten mit geschichtlicher Bedeutung und königlicher Rosensammlung.
Adresse: Wick Lane, Englefield Green TW20 0UU
Cliveden Garden
Herrenhaus und Landgut im italienisierenden Stil in Taplow, Buckinghamshire, oberhalb der Themse mit 5-Sterne-Hotelund Waldgarten.
Adresse: Cliveden Rd, Taplow, Maidenhead SL1 8NS
Sizergh Castle & Garden
Burg, Herrenhaus sowie großzügige Gartenanlage in Sizergh, Cumbria, südlich von Kendal in Nordengland mit zwei Seen sowie einem preisgekrönte Kalkstein-Steingarten.
Adresse: Sizergh, Kendal LA8 8DZ
www.nationaltrust.org.uk/sizergh
Aston Martin DB11 Cliveden Garden Gravetye Manor Hever Castle Hidcote Manor Gardens Leeds Castle Sheffield Park Garden Sissinghurst Castle Garden Sizergh Castle & Garden The Savill Garden
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