Das erste Donnerwetter passierte zum Glück einen Tag zu früh: Der Monsun schüttete seine nasse Fracht derart über dem 29 Grad warmen Stadtstaat Singapur aus, dass der berühmte „Gardens by the Bay“ nahezu ertrank – keine Chance für eine Generalprobe unter den künstlichen Sonnenkollektor-Bäumen und vor dem Architektur-Wunder Marina Bay Sands Hotel. Einen Tag später hatte sich das Wetter beruhigt ­– gut für das zweite Donnerwetter: die Weltpremiere neuen Porsche Macan. Die ist deshalb so besonders, weil zum ersten Mal ein Hersteller ein bestehendes Modell komplett auf Elektroantrieb umstellt und somit durchaus ein Wagnis eingeht. Denn der Macan war und ist bislang neben dem Cayenne die Cash-Cow der Stuttgarter. Mehr als 840.000 abgesetzte (Verbrenner)-Exemplare in zehn Jahren sprechen eine deutliche Sprache.

Zunächst werden nur zwei Top-Modelle zu haben sein: Der Macan 4 mit 408 PS und der Macan Turbo, der mit 639 PS kommt.

Den Ort hatte Porsche mit Bedacht gewählt: Singapur ist reich, digital, urban und nachhaltig ausgerichtet – auch wenn man kaum Ladesäulen und Elektroautos sieht. Porsche verkauft hier zwar weniger als 500 Autos pro Jahr, aber Singapur steht für die wachsende Asia-Region mit ihren 650 Millionen Menschen und für den Treffpunkt zwischen West und Ost.

Das Heck wirkt muskulös, unterbrochen vom 3D-Leuchtenband mit mittig platziertem Porsche-Schriftzug.

Und ein besonderes Auto bedingt nach Porsche-Meinung einen besonderen Ort für die Weltpremiere: „Wir haben den Anspruch, mit dem vollelektrischen Macan das sportlichste Modell in seinem Segment anzubieten“, sagt Jörg Kerner, Leiter Baureihe Macan (siehe Interview). Das wird zumindest ein Grund sein, warum zunächst nur zwei Top-Modelle zu haben sind: Der Macan 4 mit 408 PS mit 650 Nm maximalen Drehmoment, was den Sprint in 5,2 Sekunden auf 100 km/h und ein maximales Tempo von 220 km/h ermöglicht, und den Macan Turbo, der mit 639 PS und 1130 Nm kommt. Er sprintet in 3,3 Sekunden und schafft 260 km/h. Beide besitzen permanenterregte PSM-Elektromotoren der neuesten Generation und sind mit Allradantrieb ausgestattet. Das Porsche Traction Management (ePTM) regelt elektronisch rund fünf Mal schneller als ein konventionelles Allradsystem und kann binnen zehn Millisekunden auf Schlupf reagieren. Zudem hängt die Allradverteilung vom gewählten Fahrprogramm (Offroad, Normal, Sport und Sport+) ab. Das Porsche Torque Vectoring Plus (PTV Plus), eine elektronisch geregelte Quersperre an der Hinterachse, soll beim Macan Turbo zusätzlich zu Traktion, Fahrstabilität und Querdynamik beisteuern.

Unverkennbar Porsche: Das aufgeräumte Cockpit des neuen Macan.

Die Elektromotoren ziehen die benötigte Energie aus einer Lithium-Ionen-Batterie im Unterboden, von deren 100-kWh-Bruttokapazität bis zu 95 kWh aktiv genutzt werden. Der Macan steht auf der neu entwickelten Premium Platform Electric (PPE) mit 800-Volt-Architektur. Darauf wird ebenfalls der Audi Q6 e-tron aufgebaut. Schnellladen ist mit bis zu 270 kW möglich. Der Ladestand der Batterie kann an einer geeigneten Schnellladesäule innerhalb von zirka 21 Minuten von zehn auf 80 Prozent angehoben werden. An 400-Volt-Ladesäulen wird beim sogenannten Bank-Laden durch einen Hochvolt-Schalter im Akku die 800-Volt-Batterie in zwei Batterien mit je 400 Volt Nennspannung geteilt. Dies ermöglicht Laden mit einer Leistung von bis zu 135 kW. An haushaltsüblichen Wallboxen ist AC-Laden mit bis zu 11 kW möglich.

Schnellladen ist mit bis zu 270 kW möglich: Der Ladestand kann innerhalb von zirka 21 Minuten von zehn auf 80 Prozent angehoben werden.

Während der Fahrt kann über die E-Maschinen mit bis zu 240 kW Energie rekuperiert werden. Die kombinierte WLTP-Reichweite beträgt beim Macan 4 bis zu 613 Kilometer und beim Macan Turbo bis zu 591 Kilometer. Übrigens: Weitere Antriebsalternativen wie zu Beispiel ein rein hinterradgetriebenes Modell sollen folgen, auf der anderen Seite ist auch ein „Turbo S“ als absolute Top-Version denkbar. Karosserievarianten wird es dagegen nicht geben.

Macan-Modelle mit Luftfederung – Serie beim Turbo – sind mit der elektronischen Dämpferregelung Porsche Active Suspension Management (PASM) ausgerüstet. Neu dabei sind Dämpfer mit Zwei-Ventil-Technik. Dank des weiteren Dämpferkennfelds ergibt sich eine größere Bandbreite zwischen Komfort und Performance.

Zum ersten Mal verfügt der Macan über eine optionale Hinterachslenkung mit einem maximalen Einschlagwinkel von fünf Grad. Sie ermöglicht einerseits im Stadtverkehr und beim Rangieren einen kompakten Wendekreis von 11,1 Metern und andererseits bei höheren Tempi eine hohe Fahrstabilität.

Neu ist ein Head-up-Display mit Augmented-Reality-Technologie.

Natürlich ist der Macan im Vergleich zum Vorgänger gewachsen, beim Radstand um 86 Millimeter auf 2.893 Millimeter. Die Länge wuchs im Vergleich zum alten GTS um 58, die Höhe um 26 und die Breite um 11 Millimeter. Der Laderaum fasst bis zu 540 Liter, bei umgelegter Rücksitzlehne bis zu 1348 Liter. Vorne steht ein Frunk mit 84 Litern zur Verfügung – der, kleiner Gag, sich öffnet, wenn man mit dem Finger über die Front streicht. Insgesamt stehen 136 Liter mehr zur Verfügung als beim Verbrenner-Macan. Und schleppen kann der E-SUV auch – bis zu zwei Tonnen.

Optisch auffällig ist die Front mit den zweigeteilten Scheinwerfern: Die flache obere Lichteinheit beherbergt nur das Vier-Punkt-Tagfahrlicht, das Hauptscheinwerfer-Modul mit optionaler Matrix-LED-Technologie ist etwas tiefer im Bug positioniert. Das Heck wirkt muskulös, unterbrochen vom 3D-Leuchtenband mit mittig platziertem Porsche-Schriftzug.

Das Cockpit wird dominiert von einem flächigen Black Panel mit bis zu drei Bildschirmen.

Weil gute Aerodynamik die Reichweite erhöht, haben sich die Ingenieure viele Gedanken um den Luftwiderstandbeiwert gemacht und kamen auf ein Ergebnis von 0,25. Das macht den Macan zu einem der strömungsgünstigsten SUV. Dabei hilft Porsche Active Aerodynamics (PAA) mit aktiven und passiven Elementen wie adaptivem Heckspoiler (fährt bei 60 km/h automatisch aus, die zweite Stufe zündet bei 120 km/h, und dann gibt es noch drei technische Stufen, auf die der Fahrer keinen Einfluss hat), mit aktiven Kühlklappen an den vorderen Lufteinlässen und mit flexiblen Abdeckungen am verschlossenen Unterboden.

Natürlich ist auch das Interieur neu ­– aber nicht absichtlich spacig. Das Cockpit wird dominiert von einem flächigen Black Panel mit bis zu drei Bildschirmen, darunter ein freistehendes 12,6 Zoll großes Kombiinstrument im „Curved Design“ und ein 10,9-Zoll-Zentraldisplay. Erstmals steht auch dem Beifahrer optional ein eigener 10,9 Zoll großer Bildschirm zur Verfügung. Neu ist ein (ebenfalls optionales) Head-up-Display mit Augmented-Reality-Technologie. Virtuelle Elemente wie Navigationspfeile werden optisch in die reale Welt integriert. Das Bild erscheint für den Fahrer in einer Entfernung von zehn Metern und entspricht der Größe eines 87-Zoll-Displays.

Ab Mitte 2024 wird der E-SUV zu haben sein. Der Macan 4 kostet 84.100 Euro, der Turbo 114.600 Euro.

Übrigens: Das ehemalige SUV-Argument, man würde darin so schön hoch sitzen, zieht beim neuen Macan nicht. Porsche hat die Passagiere sportlicherweise so niedrig wie möglich platziert – Fahrer und Beifahrer sitzen modell- und ausstattungsabhängig bis zu 28 Millimeter, die Fondpassagiere bis zu 15 Millimeter tiefer als bisher.

Ab Mitte 2024 wird der E-SUV zu haben sein. Der Macan 4 kostet 84.100 Euro, der Turbo 114.600 Euro. Dafür gibt es tatsächlich ein fast rundum neues Auto – nur ein paar Schalter wie die zur Bedienung der elektrischen Fensterheber oder der Griff für die Klappe im Kofferraumboden stammen vom alten Macan, vom Cayenne Kleinteile wie die Kappen der Außenspiegel.

Dass Porsche das Auto als Kunstwerk sieht, beweist übrigens die Einbindung der Weltpremiere in die gleichzeitig stattfindende Singapore Art Week und in die Arbeit des New Yorker Architekts und Künstlers Marc Fornes. Der hat in enger Zusammenarbeit mit Porsche-Chefdesigner Michael Mauer ein sieben Meter hohes, 13 Meter langes und elf Meter breites Kunstwerk beigesteuert, das die beiden Macan bei der Weltpremiere überdachte. Fornes hatte das Neun-Tonnen-Bauwerk aus 6500 Aluminiumbauteilen geschaffen, wobei jedes einmalig in Größe, Form und Biegung ist. Sie wurden im Laser-Cut-Verfahren zugeschnitten – der Laser hatte dafür eine Schnitt-Gesamtdistanz von 26 Kilometer zurückgelegt. Etwa 200.000 Nieten halten die Bauteile zusammen, 30.000 davon wurden vor Ort gesetzt. Fornes dazu: „Der Zweck der Zusammenarbeit ist nicht, das Auto zu imitieren, sondern die Philosophie, die hinter dem Design steckt, in ein räumliches Erlebnis zu übertragen.“

Die Philosophie steht felsenfest – wie das große Kunstwerk: Auch das überstand die Donnerwetter unbeschadet.

Text Roland Löwisch

Weitere Infos hier

Technische Daten Porsche Macan 4

Motor: zwei E-Motoren

Leistung: 408 PS

Max. Drehmoment: 650 Nm

Antrieb: Allrad

Länge/Breite/Höhe: 4.784/1.938/1.622 mm

Radstand: 2893 mm

Ladevolumen: bis zu 1348 Liter

Anhängelast: 2000 Kilo

Sprint 0-100 km/h: 5,2 Sek.

Top-Speed: 220 km/h

Reichweite (WLTP kombiniert): 613 Kilometer

Preis: 84.100 Euro

Technische Daten Porsche Macan Turbo

Motor: zwei E-Motoren

Leistung: 639 PS

Max. Drehmoment: 1130 Nm

Antrieb: Allrad

Länge/Breite/Höhe: 4.784/1.938/1.622 mm

Radstand: 2893 mm

Ladevolumen: bis zu 1348 Liter

Anhängelast: 2000 Kilo

Sprint 0-100 km/h: 3,3 Sek.

Top-Speed: 260 km/h

Reichweite (WLTP kombiniert): 591 Kilometer

Preis: 114.600 Euro

DAS INTERVIEW

„MAN MUSS SEINE ANTRIEBSTECHNOLOGIE ERKENNEN“

Macan-Baureihenleiter Jörg Kerner und Porsche-Chefdesigner Michael Mauer über die Probleme, aus einem Verbrenner ein E-Auto zu machen, die Notwendigkeit des „kleinen“ elektrischen SUV und die möglichen Kunden

Wie schwer war es in Sachen Technik und Design, aus einem Verbrenner-Macan einen Elektro-Macan zu entwickeln?

Jörg Kerner: Unser Ziel war es, dass man die fahrdynamischen Vorteile der E-Mobilität jederzeit spüren muss. Das fängt an beim Package. Die Gewichtsverteilung zum Beispiel ist ein wichtiger Teil der Fahrdynamik. Zudem braucht die Batterie eine bestimmte Leistung und Energie, da gab es anfangs viel Konzeptarbeit. Am Ende haben wir so gut wie kein Bauteil vom Vorgänger übernommen, selbst das Logo auf der Fronthaube ist neu.

Aber Design hat ja nicht bei Null angefangen, oder?

Michael Mauer: Mit dem noch aktuellen Macan haben wir in Bezug auf die Proportionen ein wirklich tolles Auto, was die Proportionen angeht – der ist mehr als „nur noch ok“. Ein typischer Porsche, sogar ich als Designer bin heute noch, nach mehr als zehn Jahren, richtig happy. Bei Porsche verfolgen wir die Philosophie, dass der Nachfolger optisch etwas mit dem Vorgänger zu tun haben muss. In diesem Fall sollte man ihm aber die neue Antriebstechnologie klar ansehen.

Ist es schwerer, aus einem alten Modell ein neues zu machen oder vom blanken Papier anzufangen?

Mauer: Es ist anders. Entwickelt man ein neues Modell, muss man erstmal eine Produktidentität kreieren ­– die habe ich bei einem Vorgänger schon. Und damit Elemente, die die jeweilige Baureihe, in diesem Fall den Macan, definieren. Die Aufgabe ist es dann, diese weiterzuentwickeln. Die Herausforderung war, in dieser evolutionären Vorgehensweise den Macan als Macan erkennbar zu machen, aber eben auch deutlich werden zu lassen, dass er keinen Verbrennungsmotor mehr besitzt. Wie weit gehe ich da? Es gibt viele andere Hersteller, die solche Autos komplett anders machen. Das ist aber nicht unsere Philosophie. Es galt, den richtigen Mittelweg zu finden. So eine Herausforderung hatten wir vorher noch nicht, denn der Taycan als unser erstes vollelektrisches Auto war ein ganz neues Modell. Der Macan ist der erste Porsche, den wir aus einer bestehenden und vor allem weltweit etablierten Produktidentität heraus elektrifizieren.

Wie fanden Sie diesen Mittelweg?

Mauer: Mit Hilfe unsere klar definierten Design-Strategie und -Philosophie. Ein Porsche sieht immer aus wie ein Porsche, aber jedes Modell besitzt zusätzlich seine eigene Produktidentität. Der erste Schritt war also, im Team herauszuarbeiten, was über die Vorgängergeneration die sogenannte Produktidentität Macan definiert und abzugleichen, welches Element bei Porsche steht bereits die Elektromobilität visualisiert. Das sind ganz klar die Scheinwerfer. Im Taycan haben wir bewusst sehr flache Scheinwerfer geformt – für mich ist das eher ein Lufteinlass mit vier Elementen. Damit war klar: Das übernehmen wir. Im Prinzip.

Und wie erkennt man am Heck das Elektroauto?

Mauer: Aerodynamik spielt bei Elektro-Autos in Bezug auf die Reichweite eine noch größere Rolle als bei Verbrennern. Wir haben versucht, ein extrem aufgeräumtes Heck zu formen, was zu unserer Grundphilosophie passt. Der Spoiler ist integriert, die Dachlinie völlig sauber. Da ging es um Millimeter – nicht zu steil und nicht zu flach. Die entfallenen Endrohre einer Abgasanlage fallen natürlich auch auf.

Besitzt der neue Macan für Sie eine Schokoladenseite?

Mauer: Die Frage ist wie die nach dem Lieblingskind der Eltern…

…die manche durchaus beantworten…

Mauer: …aber wir Designer erleben immer mal wieder einen Wow-Effekt beim Betrachten von diversen Seiten. Grundsätzlich ist für mich die Schokoladenseite eines Porsche eigentlich immer schräg von hinten.

Innen gibt es trotz aller Modernität noch klassische Drehknöpfe und Schalter. Warum?

Mauer: Auch das basiert auf unserer Designphilosophie. Der Fokus des Interieurs liegt klar auf dem Fahrer, der bei Porsche nach wie vor wichtig ist. Der Mix aus Touchscreens und klassischen Schaltern spielt aus ergonomischen Gesichtspunkten eine Rolle, der Mensch ist nun mal multisensorisch. Außerdem erzeugt es eine gewisse Spannung.

Und die Mittelkonsole, die wegen fehlendem Kardantunnel bei E-Autos ja eigentlich nicht mehr nötig ist?

Mauer: Sie erlaubt, mehr Stauraum anzubieten. Für mich ist das fast schon der dritte Kofferraum. Bei anderen Marken mag maximales Raumgefühl wichtig sein – wir wollen aber vor allem für das Gefühl sorgen, in einem Sportwagen und nicht auf einem E-Auto zu sitzen.

Wer will oder wollte eigentlich einen vollelektrischen Macan? Die Kunden?

Kerner: Porsche hat eine klare Strategie, wo wir hinwollen – natürlich auch in Sachen Nachhaltigkeit und CO2-Ziele. Da ist es wichtig, dass auch ein Volumenmodell vollelektrisch angetrieben wird. Unsere Aufgabe war es, den neuen Macan so attraktiv zu machen, dass die Strategie aufgeht und sie vom Kunden unterstützt wird. Weil er den Verbrenner gar nicht mehr vermisst.

Wer wird Kunde sein?

Kerner: Wir glauben, dass wir mehr jüngere Kunden gewinnen können. Und noch mehr Frauen, obwohl deren Anteil beim Macan bisher schon recht hoch ist. Natürlich wollen wir auch die Bestandskunden überzeugen. Das wird klappen, weil der Macan in seinem Segment sehr attraktiv und sportlich ist. Wir haben das Modell in vielerlei Hinsicht auf ein neues Niveau gehoben. Zusätzlich haben wir es geschafft, Eigenschaften zu verbessern, für die der Macan gelegentlich kritisiert wurde. Hinten gibt es mehr Beinfreiheit, vorne ein hochmodernes Infotainment. Die Bandbreite zwischen Komfort und Sportlichkeit ist nun noch größer, das Auto macht einfach Spaß – es ist nochmal deutlich dynamischer als der Vorgänger.

Was überrascht noch am neuen Macan?

Kerner: Zum Beispiel, dass wir schon für dieses Segment der kompakteren SUVs ein sehr breites Angebot an Komfort- und Fahrdynamikfeatures bereithalten wie zum Beispiel das optionale Head-Up-Display mit Augmented Reality oder das Beifahrer-Display, natürlich auch die optionale Hinterachslenkung.

Mauer: Aus meiner Sicht sind es Farben und Materialien. Einiges neu dazu kommen, was man bisher nicht unbedingt mit der Marke Porsche verbindet.

„Man muss seine Antriebstechnologie erkennen“

Macan-Baureihenleiter Jörg Kerner und Porsche-Chefdesigner Michael Mauer über die Probleme, aus einem Verbrenner ein E-Auto zu machen, die Notwendigkeit des „kleinen“ elektrischen SUV und die möglichen Kunden.

Wie schwer war es in Sachen Technik und Design, aus einem Verbrenner-Macan einen Elektro-Macan zu entwickeln?

Jörg Kerner: Unser Ziel war es, dass man die fahrdynamischen Vorteile der E-Mobilität jederzeit spüren muss. Das fängt an beim Package. Die Gewichtsverteilung zum Beispiel ist ein wichtiger Teil der Fahrdynamik. Zudem braucht die Batterie eine bestimmte Leistung und Energie, da gab es anfangs viel Konzeptarbeit. Am Ende haben wir so gut wie kein Bauteil vom Vorgänger übernommen, selbst das Logo auf der Fronthaube ist neu.

Aber Design hat ja nicht bei Null angefangen, oder?

Mit dem noch aktuellen Macan haben wir in Bezug auf die Proportionen ein wirklich tolles Auto, was die Proportionen angeht – der ist mehr als „nur noch ok“. Ein typischer Porsche, sogar ich als Designer bin heute noch, nach mehr als zehn Jahren, richtig happy. Bei Porsche verfolgen wir die Philosophie, dass der Nachfolger optisch etwas mit dem Vorgänger zu tun haben muss. In diesem Fall sollte man ihm aber die neue Antriebstechnologie klar ansehen.

Ist es schwerer, aus einem alten Modell ein neues zu machen oder vom blanken Papier anzufangen?

Es ist anders. Entwickelt man ein neues Modell, muss man erstmal eine Produktidentität kreieren ­– die habe ich bei einem Vorgänger schon. Und damit Elemente, die die jeweilige Baureihe, in diesem Fall den Macan, definieren. Die Aufgabe ist es dann, diese weiterzuentwickeln. Die Herausforderung war, in dieser evolutionären Vorgehensweise den Macan als Macan erkennbar zu machen, aber eben auch deutlich werden zu lassen, dass er keinen Verbrennungsmotor mehr besitzt. Wie weit gehe ich da? Es gibt viele andere Hersteller, die solche Autos komplett anders machen. Das ist aber nicht unsere Philosophie. Es galt, den richtigen Mittelweg zu finden. So eine Herausforderung hatten wir vorher noch nicht, denn der Taycan als unser erstes vollelektrisches Auto war ein ganz neues Modell. Der Macan ist der erste Porsche, den wir aus einer bestehenden und vor allem weltweit etablierten Produktidentität heraus elektrifizieren.

Wie fanden Sie diesen Mittelweg?

Mit Hilfe unsere klar definierten Design-Strategie und -Philosophie. Ein Porsche sieht immer aus wie ein Porsche, aber jedes Modell besitzt zusätzlich seine eigene Produktidentität. Der erste Schritt war also, im Team herauszuarbeiten, was über die Vorgängergeneration die sogenannte Produktidentität Macan definiert und abzugleichen, welches Element bei Porsche bereits die Elektromobilität visualisiert. Das sind ganz klar die Scheinwerfer. Im Taycan haben wir bewusst sehr flache Scheinwerfer geformt – für mich ist das eher ein Lufteinlass mit vier Elementen. Damit war klar: Das übernehmen wir. Im Prinzip.

Und wie erkennt man am Heck das Elektroauto?

Aerodynamik spielt bei Elektro-Autos in Bezug auf die Reichweite eine noch größere Rolle als bei Verbrennern. Wir haben versucht, ein extrem aufgeräumtes Heck zu formen, was zu unserer Grundphilosophie passt. Der Spoiler ist integriert, die Dachlinie völlig sauber. Da ging es um Millimeter – nicht zu steil und nicht zu flach. Die entfallenen Endrohre einer Abgasanlage fallen natürlich auch auf.

Besitzt der neue Macan für Sie eine Schokoladenseite?

Die Frage ist wie die nach dem Lieblingskind der Eltern…

…die manche durchaus beantworten…

…aber wir Designer erleben immer mal wieder einen Wow-Effekt beim Betrachten von diversen Seiten. Grundsätzlich ist für mich die Schokoladenseite eines Porsche eigentlich immer schräg von hinten.

Innen gibt es trotz aller Modernität noch klassische Drehknöpfe und Schalter. Warum?

Auch das basiert auf unserer Designphilosophie. Der Fokus des Interieurs liegt klar auf dem Fahrer, der bei Porsche nach wie vor wichtig ist. Der Mix aus Touchscreens und klassischen Schaltern spielt aus ergonomischen Gesichtspunkten eine Rolle, der Mensch ist nun mal multisensorisch. Außerdem erzeugt es eine gewisse Spannung.

Und die Mittelkonsole, die wegen fehlendem Kardantunnel bei E-Autos ja eigentlich nicht mehr nötig ist?

Sie erlaubt, mehr Stauraum anzubieten. Für mich ist das fast schon der dritte Kofferraum. Bei anderen Marken mag maximales Raumgefühl wichtig sein – wir wollen aber vor allem für das Gefühl sorgen, in einem Sportwagen und nicht auf einem E-Auto zu sitzen.

Wer will oder wollte eigentlich einen vollelektrischen Macan? Die Kunden?

Porsche hat eine klare Strategie, wo wir hinwollen – natürlich auch in Sachen Nachhaltigkeit und CO2-Ziele. Da ist es wichtig, dass auch ein Volumenmodell vollelektrisch angetrieben wird. Unsere Aufgabe war es, den neuen Macan so attraktiv zu machen, dass die Strategie aufgeht und sie vom Kunden unterstützt wird. Weil er den Verbrenner gar nicht mehr vermisst.

Wer wird Kunde sein?

Wir glauben, dass wir mehr jüngere Kunden gewinnen können. Und noch mehr Frauen, obwohl deren Anteil beim Macan bisher schon recht hoch ist. Natürlich wollen wir auch die Bestandskunden überzeugen. Das wird klappen, weil der Macan in seinem Segment sehr attraktiv und sportlich ist. Wir haben das Modell in vielerlei Hinsicht auf ein neues Niveau gehoben. Zusätzlich haben wir es geschafft, Eigenschaften zu verbessern, für die der Macan gelegentlich kritisiert wurde. Hinten gibt es mehr Beinfreiheit, vorne ein hochmodernes Infotainment. Die Bandbreite zwischen Komfort und Sportlichkeit ist nun noch größer, das Auto macht einfach Spaß – es ist nochmal deutlich dynamischer als der Vorgänger.

Was überrascht noch am neuen Macan?

Zum Beispiel, dass wir schon für dieses Segment der kompakteren SUVs ein sehr breites Angebot an Komfort- und fahrdynamik-Features bereithalten wie zum Beispiel das optionale Head-Up-Display mit Augmented Reality oder das Beifahrer-Display, natürlich auch die optionale Hinterachslenkung.

Mauer: Aus meiner Sicht sind es Farben und Materialien. Einiges neu dazu kommen, was man bisher nicht unbedingt mit der Marke Porsche verbindet.

Elektroantrieb Jörg Kerner Michael Mauer Porsche Porsche Active Suspension Management Singapur Weltpremiere