Bella Macchina, das schöne Auto, geflügeltes Wort im Italienischen. Es kündet von Begeisterung und Hingabe, lässt keinen Zweifel an der Liebe zum Fahrzeug. Magische Momente, wenn mal wieder so ein Wunderding vorbeifährt. Jetzt wurde ein neuer Hingucker geschaffen, der das Zeug hat, zur Ikone zu werden: kurvig, rassig, einfach nur göttlich.

Der Alfa Romeo 33 Stradale auf dem Drehteller im Studio des Centro Stile, dem Designcenter von Alfa Romeo in Turin.

Turin, Via Plava. Wir befinden uns auf dem Gelände der historischen Werkstätten Officine 83, genauer gesagt im Centro Stile von Alfa Romeo. Heilige Hallen, Ausweiskontrolle, ein heller Vorraum mit Designermöbeln, dann stehen wir endlich vor ihm, dem neuen Alfa Romeo 33 Stradale. Natürlich in Rot. Sensationelles Retro-Motorsport-Design, das auf den ersten Blick verführt. Markanter Überhang am Bug, kurvig, nicht kantig. Das Scudetto, der charakteristische, spitz nach unten zeigende Kühlergrill, wird eingerahmt von elliptischen Scheinwerfern, schöne große Augen, Sofia Loren könnte neidisch werden. Die Front ist kraftvoll und markant, zielt mitten ins Herz. Flügeltüren mit großen seitlichen Dachfenstern. Kein Machismo, keine aggressive, militärisch anmutende Schnittigkeit. Stattdessen wirken die Volumina und Flächen wunderbar ausbalanciert.

Die Details zeigen die perfekten Rundungen und Proportionen der Karosserie.

Wir drücken den Knopf einer kleinen Fernbedienung. Der Drehteller im Boden setzt sich in Bewegung. Der effektvoll ausgeleuchtete Alfa Romeo 33 Stradale präsentiert nunmehr seine Flanke, sehnig gespannt, wohlproportioniert, mit feinen Linien, insbesondere bei der flachen, von den Muskelsträngen der Kotflügel umrahmten Haube. Vorn neben der Türkante befindet sich in einem weißen Dreieck das berühmte vierblättrige Kleeblatt, das Quadrifoglio Verde. In seiner Urform markierte es die Werksrennwagen von Alfa Romeo. Die geschmiedeten goldschimmernden Felgen mit ihren floral wirkenden runden Öffnungen passen perfekt zum Quadrifoglio. Durch den mittig im Chassis positionierten Motor rückt das Cockpit nach vorne. Weiter hinten die Lufteinlässe über den Kotflügeln. Ein weiterer Klick auf die Fernbedienung: Der Alfa dreht sich erneut, sein bullig breites Heck mit der Abrisskante und den großen runden Leuchten schiebt sich ins Bild. Der Verweis auf den historischen Alfa Romeo 33 Stradale ist unverkennbar.

Das stilvolle Cockpit ist puristisch gestaltet. Alle Bedienelemente sind auf der Mittelkonsole und am Dachhimmel angeordnet.

Alessandro Maccolini, Chief Exterior Designer von Alfa Romeo, nickt zufrieden. Er ist ein eher sanfter zurückhaltender Typ, aber man spürt den Stolz. „Wir haben nicht alle Tage die Möglichkeit, ein solches Auto zu entwerfen“, sagt er. „Das macht natürlich wahnsinnig Spaß und man hat viel mehr Freiheiten als sonst.“

Der charakteristische, spitz nach unten zeigende Kühlergrill.

Bei der Entwicklung von Serienautos gäbe es vielerlei Vorschriften und Normen zu beachten, die oftmals in jedem Land anders seien, erklärt der hochgewachsene lockige Italiener. Dazu strenge Budgetvorgaben. Designmäßig seien bei Alltagsautos die Spielräume weit kleiner als man denke, so Maccolini. Passiver Unfallschutz sei ein wichtiges Thema und präge indirekt auch die Gestaltung.

Der Kühlergrill wird eingerahmt von elliptischen Scheinwerfern.

Bei der Arbeit an dem 33 Stradale war der Prozess ein anderer. Von Anfang an war klar, dass hier etwas Einzigartiges entstehen sollte, ein Auto, das die Geschichte der Marke und ihre Mythen wiederbeleben sollte. Sportliche Performance, Stil, Eleganz und eine gehörige Portion Coolness. Und: Alfa Romeo war für technische Innovationen bekannt. Schon 1925 führte das Unternehmen den ersten Sportwagen mit einem serienmäßigen Sechszylinder-Motor ein. Dies unterstrich den Ruf der Marke als Pionier. Im Laufe der Jahre hat Alfa Romeo einige legendäre Modelle hervorgebracht, darunter den Alfa Romeo Giulietta, den Alfa Romeo Giulia oder den Alfa Romeo Spider. Diese Fahrzeuge wurden zu Ikonen. Holzlenkrad und verchromte Rundinstrumente gehörten damals dazu. Viele Alfa Romeo-Enthusiasten sind leidenschaftliche Fahrer, die die Performance, den Sound und das unmittelbare Fahrerlebnis ihrer Lieblingsmarke schätzen. Doch dieser Glanz verblasste Stück für Stück. Schwächen bei der Qualität und Modelle ohne gestalterisches Feuer sorgten bei den Fans für Frust.

Zu dem sensationellen Retro-Motorsport-Design gehören Flügeltüren mit großen seitlichen Dachfenstern.

Jetzt soll alles anderes werden und ist auch schon anders durch neue Modelle wie etwa den kompakten SUV Tonale und den Stelvio Quadrifoglio mit seinem spurtstarken 2.9 V6 Bi-Turbo Motor. Das erste Halbjahr 2023 zeigte, dass die Richtung stimmt. Die Marke konnte die Zulassungszahlen in Deutschland glatt verdoppeln. Nun als Krönung der große Brückenschlag zwischen Historie und Zukunft. Vorbild für den Alfa Romeo 33 Stradale ist das Modell 33 Stradale von 1967, ein straßenzugelassener Zweisitzer mit der Technologie des Rennwagens Tipo 33. Damals vereinten sich die aus Aluminium gefertigte ultraflache Karosserie mit Flügeltüren und der hochdrehende Achtzylinder-Motor zu einem Supersportwagen, der mit seinem ikonischen Design bis heute als eines der schönsten Coupés aller Zeiten gilt.  

Die Front de Alfa Romeo 33 Stradale ist kraftvoll und markant.

Jean-Philippe Imparato, CEO der Marke Alfa Romeo, bringt es auf den Punkt: „Mit dem neuen Alfa Romeo 33 Stradale präsentieren wir ein Automobil, das der großen Historie unserer Marke gerecht wird und die große Fangemeinde von Alfa Romeo stolz macht. Ein solches Ergebnis konnte nur dank der Fachkenntnis und der Leidenschaft des Entwicklungsteams erreicht werden. Die Mannschaft konnte sich dabei der vollen Unterstützung des Managements sicher sein, das die klare Ambition hat, die Zukunft von Alfa Romeo mit uneingeschränktem Respekt vor ihrer einzigartigen Historie zu gestalten. Der neue Alfa Romeo 33 Stradale ist das erste zu 100 Prozent maßgeschneiderte Modell der Marke seit 1969 – und ich verspreche, es wird nicht das letzte sein.“

Die geschmiedeten goldschimmernden Felgen mit ihren floral wirkenden runden Öffnungen passen perfekt zum Quadrifoglio.

Alessandro Maccolini geht mit uns hinüber in den Nebenraum. Hier hängen viele großformatige Skizzen, die den Entstehungsprozess dokumentieren. Davor parkt die Quelle der Inspiration, das bestens erhaltene Modell 33 Stradale von 1967, ein straßenzugelassener Zweisitzer mit der Technologie des Rennwagens Tipo 33.

Insgesamt werden nur 33 Exemplare hochindividualisiert und von Hand gefertigt. Die Auslieferung erfolgt nach und nach bis Ende 2024. Beteiligt an der Gestaltungsarbeit waren Sammler und Enthusiasten aus der ganzen Welt mit dem Ziel, das einzigartige Fahrerlebnis und den Charme eines ikonischen Automobils zu bieten. Um das möglich zu machen, hob Alfa Romeo sogar eine neue Abteilung namens Bottega aus der Taufe. Zur Strategie des Teams zählte es, zunächst die Ideen und Wünsche potenzieller Käufer zu sammeln, um anschließend möglichst viele davon in einem exklusiven Automobil zu realisieren. Die Bottega arbeitete nach ähnlichen Prinzipien wie die legendären italienischen Carrozzerias der 1960er Jahre.

Mitglied des Teams ist auch die junge Material- und Interior Designerin Elizaveta Kushnirenko. Mit Feuereifer suchte sie in kleinen spezialisierten Manufakturen nach speziellen Ledern und Textilien. Die Innenausstattung zeichnet sich durch minimalistisches Design und hochwertige Materialien aus, die darauf abzielen, das Fahrerlebnis zu maximieren. Das zentrale Instrument ist eine moderne 3D-Interpretation der Teleskop-Form der Armaturen klassischer Alfa Romeo. Das Lenkrad ist frei von Schaltern und Knöpfen, ein weiterer Beleg für die Konzentration auf das Wesentliche. Alle Bedienelemente sind stattdessen auf der Mittelkonsole und am Dachhimmel angeordnet, ähnlich wie auch in Sportflugzeugen.

„Für das Interieur stehen zwei Varianten zur Wahl: das klassische Tributo und das sportliche Alfa Corse“, sagt Elizaveta und deutet auf verschiedene Moodboards auf einem großen Tisch, die zusammen mit den möglichen Farbvarianten den gestalterischen Baukasten bilden. Die Armaturentafel und der Mitteltunnel sind in Aluminium, Kohlefaser, Leder und Alcantara ausgeführt. Die enganliegenden Sportsitze aus Ledern von Poltrona Frau sorgen für starken Seitenhalt und gleichzeitig hohen Komfort.

„Bellezza necessaria“ – Schönheit ergibt sich aus Funktion, heißt das Motto der Entwickler, und daran haben sie sich gehalten. Schnickschnack gibt es nicht, keine Leuchtleisten, keine riesigen Entertainmentsysteme. „Das Fahrerlebnis steht im Mittelpunkt“, so Elizaveta, die zuvor auch Erfahrungen in der Möbel- und Modeindustrie sammeln konnte.

Die 33 Kunden haben beim Antrieb die Wahl zwischen zwei technologisch komplett unterschiedlichen Varianten: In der Verbrennerversion kommt der in anderen Sportmodellen der Marke bewährte V6-Biturbo-Motor zum Einsatz, dessen Leistung auf 456 kW (620 PS) gesteigert wurde und der über ein Achtgang-Automatikgetriebe mit Doppelkupplung (DCT) die Hinterräder antreibt. Mit dem neu entwickelten reinelektrischem Antrieb beträgt die Systemleistung 552 kW (entsprechend 750 PS), die auf alle vier Räder übertragen wird.

Die Höchstgeschwindigkeit beträgt bei beiden Versionen 333 km/h. Für die Beschleunigung aus dem Stand auf 100 km/h benötigt der 33 Stradale weniger als drei Sekunden. Die Doppelquerlenker-Aufhängung mit aktiven Stoßdämpfern und die Möglichkeit, die vordere Karosserie zum Überfahren von Hindernissen anzuheben, sorgen für eine gute Handhabung. Die aerodynamische Effizienz wird durch einen Cw-Wert von 0,375, mehr aber noch durch den Fakt unterstrichen, dass der Sportwagen auch bei hoher Geschwindigkeit keinen Auftrieb produziert. Dies erreichten die Designer ohne aktive aerodynamische Systeme wie beispielsweise verstellbare Spoiler.

Der Aluminiumrahmen in H-Form sowie das Kohlefaser-Monocoque für das Cockpit garantieren hohe Verwindungssteifheit bei gleichzeitig stark reduziertem Gewicht. Die ebenfalls sehr verwindungsresistente Dachstruktur aus Kohlefaser und Aluminium ermöglicht die Verwendung von Flügeltüren. Auch die Fensterrahmen sind aus Kohlefaser gefertigt, die Heckscheibe besteht aus Polycarbonat.

Bei der Fahrwerksabstimmung des neuen Alfa Romeo 33 Stradale durften die Ingenieure auf die Expertise von Formel-1-Pilot Valtteri Bottas zurückgreifen. Auf der Teststrecke im norditalienischen Balocco half Bottas, für das neue Coupé eine Konfiguration von Federn und Stoßdämpfern zu definieren, die das für Alfa Romeo typische sehr sportliche Fahrverhalten garantiert.

Der original 1967er Alfa Romeo 33 Stradale gehört heute zu den weltweit begehrtesten Klassikern – und nur selten wechselt ein Exemplar den Besitzer. Man darf davon ausgehen, dass der Alfa Romeo 33 Stradale von 2023 in Zukunft eine ähnlich große Begehrlichkeit als Sammlerstück genießen wird.

Text: Thomas Garms // Fotos: Robert Grischek

www.alfaromeo.de