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Die Champs-Élyées im Handschuhfach
By Editorial Department access_time 6 min read
Am 8. Oktober 1955 wurde die DS auf dem Pariser Automobilsalon vorgestellt.
Alter und neuer Glanz, effektvoll inszeniert: Präsentation der DS in Paris.

Nichts, wirklich nichts transportierte die französische Lebensart derart charmant und klar wie die Göttin. La Déesse war und ist die Symbolfigur der französischen Lebensart. Lässig, elegant, modern und raffiniert zugleich. Weder vorher noch nachher stellte Frankreich eine so überzeugende Kombination aus ungewöhnlichem Design und ausgeklügelten technischen Raffinessen auf vier Räder. Allein dank der für Citroen entwickelten Hydropneumatik schwebte man in der Göttin über den Asphalt, der Wagen hob und senkte sich bei Bedarf, Lenkung und Bremsen wurden mit Druckluft versorgt. Falls einem der eigens für den DS entwickelten Gürtelreifen von Michelin die Luft ausging, hob man die Limousine empor, steckte eine Stütze unter den Wagen und ließ ihn wieder hinab. Fertig war der Wagenheber.

„Der Wagen hob und senkte sich bei Bedarf, Lenkung und Bremsen wurden mit Druckluft versorgt.

Und dann war da noch das Kurvenlicht. Dekaden bevor andere Hersteller überhaupt daran dachten, steuerte Louis de Funès durch bestens ausgeleuchtete Kurven. Die Göttin natürlich in feinstes Schwarz gehüllt. Funés und die DS. Größte Hektik traf auf elegante Lässigkeit. Verfolgungsjagd mitten durch Paris, die Champs-Élysées wurde zur Rennstrecke, der Triumphbogen zur Mutkurve. Die Limousine, dank ihrer Pneumatik, legte sich wie ein Mannequin in jede Kurve. Die Raserei war mehr Lust als Last, die DS, das perfekte Automobil für den Auftritt und den Abgang. Immer aufrecht, immer chic und immer ihrer Zeit voraus. Bis 1975, dann hat die Reise ein Ende. Adieu DS.

Kultiger Klassiker: Eine DS aus dem Jahr 1958.
Staatstragend: Die Citroen DS in der Ausführung für den Staatspräsidenten im Jahr 1968.

Vierzig Jahre später, Louis de Funès rast nur noch als TV-Wiederholung in der Göttin um den Eifelturm. Die französische Autoindustrie setzt uns in schicke Kleinwagen oder in übersichtliche Familienvans. Citroën zeigt Mut und legt die Linie DS auf. Drei Modelle, DS3, DS4 und die DS5. Ein erstes Zucken der Augenbraue, man erinnert sich und man schaut genauer hin. Die drei mit dem DS im Namen könnten die Enkel der Göttin sein. Noch tragen sie das Citroën-Zeichen im Kühlergrill. Aber die Linie, oder besser Ansätze einer neuen Linie sind erkennbar. Monate später dann die frohe Kunde. DS wird zur Marke und damit zum Hoffnungsträger. Wir warten auf die Göttin. Bonjour DS.

„Louis de Funès und die Citroën DS:  Größte Hektik traf auf elegante Lässigkeit.

Keine Göttin ohne Tempel, in Shanghai und später in Paris werden sie gebaut. DS World genannt und prall gefüllt mit allem, was wir unter zeitgenössischem savoir-vivre verstehen. DS Autombiles nennt das „Know-how im französischen Luxussegment, Raffinesse und Personalisierung“. Eine Boutique der automobilen Lust, wie wir sie schon von anderen Marken kennen. Der Kunde soll eintauchen und die einst so herrlich selbstverständliche Leichtigkeit des französischen Lebensstils spüren und inhalieren. Imagetransfer nennt das der Marketing-Fachmann. Mitten drin die erste eigenständige Création von DS, der DS7 Crossback.

DS 7 Crossback.

Botschafter und Visitenkarte zugleich, die Erwartungen an den DS7 sind hoch. Seit dem 14. Mai 2017 auch Dienstwagen von Emmanuel Macron. Mehr Ehre geht nicht, und wir erinnern uns an die Présidentielle. Jene ganz besondere DS, die in den 60er Jahren von Charles de Gaulle zu repräsentativen Zwecken genutzt wurde. Die DS7 ist also Flaggschiff und Hoffnungsträger zugleich. Das Wort Göttin fällt nicht, zu groß ist der Respekt vor der DS und der erste Auftritt auf dem Genfer Salon Anfang 2017 erzeugt respektvolle Anerkennung, aber eben nicht den Beifall, den die DS im Jahr 1955 entfachte. Die Zeiten haben sich geändert, Revolutionen in der Automobilwelt werden eher im Silicon Valley entfacht und weniger mitten in Frankreich.

Die DS 7 ist auch Dienstfahrzeug des französischen Präsidenten Emmanuel Macron.

„Warten Sie´s ab. Es wir jedes Jahr ein neues Modell von DS Automobiles auf den Markt kommen.“ Patrick Dinger, Direktor von DS Automobiles Deutschland, erzählt uns von den Plänen und der Zukunft von DS. Es gehe um das Design und die Technologie. Man wolle Vorreiter sein und bleiben. Natürlich spiele das französische Lebensgefühl eine besondere Rolle, die Wurzel der Göttin finde man in jedem Modell der Marke und der Leitspruch „Spirit of Avantgarde“ sei ein elementares Bindeglied zur Vergangenheit.

Das Interieur der DS 7 Crossback.

Man spürt die eindeutige Laufrichtung des Unternehmens. Die Besonderheiten der DS sollen in die Gegenwart getragen werden und aus einem Automobil das Maximum an Emotionalität herausgezogen werden. Der Lifestyle der Gegenwart, also Vernetzung, Digitalisierung plus einzigartiges Design sollen den Produkten von DS Automobiles Leben einhauchen. Die Göttin aus den 50er Jahren als Taufpate einer neuen Generation.

„Einzigartiges Design, Vernetzung und Digitalisierung sollen den neuen DS-Modellen Spirit verleihen.

Damit der Transfer gelingt, werden in Paris allerlei Fäden gezogen. Die Manager von DS Automobiles spielen die komplette Klaviatur des Marketing. DS ist mit einem Rennteam in der Formel-E unterwegs. Das Thema E-Antriebe soll bald auch in Straßenfahrzeugen eine Rolle spielen. Mit dem Konzept E-Tense haben die Franzosen schon einmal gezeigt, wie man in Zukunft ein „Oh La La“ auf die Lippen des Publikums zaubert. Der Zweisitzer, ein Jahr vor dem DS7 Crossback vorgestellt, ist das Gegenteil einer feinen Limousine. Per E-Antrieb und mit reichlich Zunder an den Hinterrädern, werden die Insassen nach vorn katapultiert. Louise de Funés wäre in dieser DS sicher nicht zu Wort gekommen. Und die Champs-Élysées passt vermutlich auch nicht ganz ins Handschuhfach.

Thierry Metroz, Chefdesigner bei DS Automobiles, liebt Architektur und die Raffinesse der DS7.

Formel-E auf der einen Seite, ein E-Supersportler als Konzept und die DS7 Crossback als SUV auf der anderen Seite. DS Automobiles ist derzeit hyperaktiv und wird auch nicht müde, die gallischen Lebensgeister in seine Modelle zu bringen. Auf die Göttin wird man noch warten müssen, wie gesagt, jedes Jahr ein neues Model und Platz für eine echte Limousine nach klassischem Schnitt ist noch ausreichend vorhanden. Ob ein Roadster oder überhaupt ein offenes Model auf dem Plan steht, wollte Patrick Dinger nicht verraten. Die DS7 macht jedenfalls schon eine gute Figur. Vor allem das Interieur kann sich sehen lassen. Mehr Avantgarde bietet im Moment kein anderer französischer Hersteller.

TEXT // RALF BERNERT  FOTOS// DS AUTOMOBILES

www.dsautomobiles.de