Zwei Runden zur Kühlung. Bremsen und Reifen brauchen das, der Sicherheit wegen. Der Pulverdampf bleibt, die Hitze der Gefechtes auch. Sieger nach Punkten und wieder hinaus in die Arena des Alltages. Ampeln, Kreuzungen, Gegenverkehr, Bordsteine und Limits. Der GTS ist ein Weltenbummler und das aus Überzeugung. Coupé, Cabriolet und dazwischen der Targa. Alle mit den drei großen Buchstaben am Heck, die Vielfalt lockt den Grenzgänger in uns. Man kann, man macht.
Ganz so einfach wird das Spiel aber nicht gespielt. Die Entwickler in Zuffenhausen haben eine Blaupause, den 904 GTS. Fünfzig Jahre dürften die Pergamente alt sein. Wie baut man ein Auto, das wie ein Streber, alles kann, alles sehr gut kann? Komfort, Sicherheit, der Alltag mit seinen Tücken. Gepäck sicher verstaut, der Kurze hinten angeschnallt, Radio auf Lieblingssound, das Navi redet dazwischen. Bordsteine lauern auf Felgen, x-mal ein- und aussteigen. Die Synapsen schlurfen durch den Tag, der Fuß tanzt langsam und routiniert zwischen Bremse und Gas hin und her. Opernball auf der Hauptstraße, man verschwindet in der Menge, die Tanzschuhe gleiten dahin, leicht in der Hocke aber noch ohne Nackenschmerzen, ohne Grenzerfahrung.
Wo hast du die Kurve gekriegt und wo nicht?
Und dann rollt der 911 GTS durch die Box, in die Gasse. Vorher den Helm auf die Frisur, alles aus, was redet, singt oder klingelt. Die Porsche Track Precision App einrichten, das Handy befestigen. Später folgt die Manöverkritik. Gnadenlos. Jede Berührung von Gas, Bremse, Lenkrad wird aufgezeichnet und später abgespielt. Es ist das Spiel des Lebens. Wo hast du die Kurve gekriegt und wo nicht? Man kann Rennstrecken auswählen, hinzufügen. Walter Röhrl ist auch dabei. Er fuhr den Cayman GT4 in Portugal. Der Meister als Benchmark für alle.
Neben aller digitaler Zukunft, der 911 GTS kann wunderbar analog. Präzise, kernig, kraftvoll und mechanisch. Er wurde 10 Millimeter tiefer gelegt, 30 PS mehr Leistung liegen an, das PDK ist schnell, Zugkraftunterbrechnung gibt es nicht. Wie an der Perlenschnur laufen die sieben Gänge durch. Der GTS springt förmlich in jede Kurve, bis zum Scheitel läuft er sauber und vor allem präzise hindurch, dann die Beschleunigung, bis 7.000 und der Wagen stürmt auf die Gerade. Immer und immer wieder. Bis die letzte Runde eingeläutet wird. Abkühlen und auf den Heimweg machen.
Wieder die Alltagsroutine. Wie ein Boxer nach zehn Runden, geduscht, nachschwitzen, das Haar noch ein wenig nass. Die Füße wollen noch tänzeln, die Arme schwingen leicht, die Hände spüren noch die schweren Handschuhe um die Knöchel, die Augen sind noch immer bei den gegnerischen Fäusten. Entspannen. Und die Vorfreude und Neugier auf das Video, die Zeiten, die Grafik mit G-Werten und die Frage, ob man besser wurde oder ob man einen nicht so guten Tag hatte.
Zugkraftunterbrechnung gibt es nicht
Wie auch immer, nach dem Track ist Zeit für Details. Porsche hat die aus dem Turbo S die Hinterachslenkung im Angebot, gegen Aufpreis. Die schwarzen 20-Zöller mit Zentralverschluss gibt’s ohne Aufschlag. Die Spur wurde einen Tick breiter als beim Carrera S, was man in Kurven auch merkt. Für das Coupé ist das PASM-System (Porsche Active Suspension Management) bereits im Preis inbegriffen, wer den Targa oder das Cabriolet mit dem PASM ausstatten will, legt ein paar Euro drauf. Gebremst wird mit den großen Scheiben aus dem 911 Turbo. Alles in allem darf man dem GTS einen sehr geringen Abstand zum Motorsport attestieren.
Auf der Landstraße wird dann der Drang nach vorn noch deutlicher, man dreht am kleinen Rad bis der Buchstabe S aufleuchtet und läßt den GTS seiner Bestimmung folgen. Staatlich erlassene Limits werden dann zur Nebensache, weil der GTS auch bei mäßigem Tempo ein Quell der Fahrfreude ist. Später, im Normal-Modus, freut man sich über die Spreizung des GTS. Die Federn sorgen für eine ruhige Fahrt, auch auf der Autobahn. Schlaglöchlein, Rillen oder andere Unebenheiten werden zum größten Teil unter dem Teppich des Fahrwerks gekehrt. Der Sound ist da, aber nicht aufdringlich. Die Sitze halten dich fest, fesseln dich aber nicht und der Ein- und Ausstieg, ein weiteres Markenzeichen des Elfers, ist so einfach und bequem wie bei keinem anderen Sportwagen.
Fazit
Der 911 GTS Coupé, fast 14.000,00 Euro über dem 911 Carrera 4S liegend und 42.840,00 Euro preiswerter als der 911 Turbo, ist ein Alltagsrennwagen mit dem Talent des Allrounders. Er kann die Lust auf Rundenzeiten wecken, er kann den Weg zur Oper oder ins Büro zur normalsten Sache der Welt erklären und er kann aus einer x-beliebigen Landstraße einen Moment der Lust machen. Den GTS gibt es als Coupé, Cabriolet und Targa. Das Trio ist in der Charakteristik sehr nah beieinander. Wobei Cabrio und Targa dann doch lieber frische Luft sammeln, den Landstraßen näher sind, aber trotzdem diesen Drang nach mehr Speed, mehr Dynamik deutlich ausatmen.
Text: Ralf Bernert, Fotos: Porsche
Die technischen Daten 911 Carrera 4 GTS Coupé
Motor
6-Zylinder Boxer Biturbo
Leistung: 331 kW / 450 PS bei 6.500 U/min
Drehmoment: 550 Nm bei 2.150 bis 5.000 U/min
Antrieb: Allrad
Getriebe: 7-Gang Schalter oder 7-Gang PDK
Maße
Länge: 4.528 mm
Breite (mit Spiegel): 1.852 mm (1.978)
Höhe: 1.284 mm
Radstand: 2.450 mm
Kofferräume: 125 Liter vorn, 260 Liter hinten
Leergewicht: 1.495 Kg
Tank: 67 Liter
Fahrleistungen
0-100 km/h: 3,4 s mit PDK / 3,8 Handschalter
0-200 km/h: 12,8 mit PDK / 13,6 Handschalter
Top Speed: 308 mit PDK / 310 Handschalter
Verbrauch kombiniert: 8,5 l/100 km / 9,5 l/100 km mit Handschalter
CO2 kombiniert: 192 g/km / 216 g/km Handschalter
Preis in Deutschland ab: 131.829,00 Euro inkl. MwSt.
Preis 911 4 GTS Cabriolet: ab 144,919,00 Euro
Preis 911 4 GTS Targa: ab 144.919,00 Euro
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