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Jäger und Gejagter
By Editorial Department access_time 5 min read

Ein leerer Blick starrt gespenstisch und fordernd in den Raum, messerscharfe Fänge lassen menschliche Urängste erwachen. Gleichzeitig verleitet eine schimmernde Verlockung einen dazu, näher zu treten, löst Begehrlichkeiten aus. Es ist die Mischung dieser beiden Elemente, die die Faszination der vergoldeten Schädel von William Rosewood ausmacht.

Es gibt nur wenige Werkstoffe, die beim Betrachter so viel Begeisterung hervorrufen wie Gold. Nahezu jede Zivilisation entwickelte ein besonderes Verhältnis zu diesem Edelmetall, egal ob im Vorderen Orient, in Afrika oder in den Andenmetropolen der Inkas. Auch heute noch ist die „Feinunze Gold“ eine feste Größe unseres Wirtschaftslebens, aber auch Privatpersonen suchen im goldgelben Schein immer wieder gern eine sichere Anlageform. William Rosewood verarbeitet das edle Metall genau deshalb in seinen Kunstwerken, wohlwissend, welche Begierden es auslöst. Er nutzt es für ein Spiel mit den niederen Gelüsten der Menschheit, um auf den Umgang mit bedrohten Tierarten und der Natur aufmerksam zu machen.

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Rosewood gehört mit seinen 22 Jahren zu den „jungen Wilden“ im Kunstbetrieb, ist bereits seit frühester Kindheit von Kunst und Design fasziniert. Im Alter von 16 gründet er sein erstes Unternehmen, damals noch im Bereich Kleidung. Er lernt, was es bedeutet, die eigenen Ideen umzusetzen: Vor allem viel Arbeit, wenig freie Zeit, nicht enden wollende Meetings und noch mehr Arbeit. Mit 17 Jahren geht er an die Willem de Kooning Academy in Rotterdam, um sich dort in Werbekunst und -design ausbilden zu lassen. 2015 macht er seinen Abschluss als Illustrator. Im Juni 2015 zeigt er seine Kunst unter anderem auf der Art -Basel und im Frühjahr 2016 dann in seiner jüngsten Ausstellung „Goldrush“ in Miami.

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Der Name der Ausstellung ist Programm. Rosewood präsentiert sich als der Midas der modernen Kunst: Was er anfasst, wird im wahrsten Sinne des Worts zu Gold. Anders als bei seinem phrygischen Vorgänger ist es bei ihm jedoch nicht die Gier nach Reichtum, die ihn dazu bringt, Dinge in Gold zu verwandeln, sondern die Sorge darum, dass die Gier wichtiger wird als der Respekt vor dem Leben. Der junge Künstler stellt Tierschädel aus, die er aufwendig mit Blattgold überzogen hat, darunter ein Sibirischer Tiger, ein Polarbär, ein Riesenpanda, ein Berggorilla und ein Weißes Nashorn. Seltenes auf Seltenem.

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Wichtig ist es ihm, zu betonen, dass es sich nicht um echte Tierskelette, sondern um Abgüsse handelt. Er selbst beteiligt sich nicht am Handel mit bedrohten Arten. Sein Ansinnen liegt darin bergründet, das Töten dieser Tiere zu beenden, ihren Wert als Lebewesen und Teil unserer Natur zu verdeutlichen. „Deshalb entschied ich mich für 24 Karat Blattgold. Gold ist immer ein Luxusgut oder zeigt, wie wertvoll etwas ist!“, sagt er.

Bewusst bleiben dabei Teile der Schädel unvergoldet: die Reißzähne, das Horn. So steht dem vom Künstler aufgetragenen Goldwert der natürliche Rohstoff gegenüber, für den das Tier von Wilderern gejagt wird. Das Zusammenspiel von Natur und Kunst soll abschließen, das Tier als ganzheitlichen Wert zeigen, der sich nicht mit Gold oder Geld aufwiegen lässt. So löst Rosewood die Materialien aus ihrem ursprünglichen Kontext und schafft eine tiefere Ebene, eine neue Perspektive auf seine Objekte.

Die Werke erinnern an die Ikonenkunst und Reliquien des Mittelalters oder die aufwendig vergoldeten Artefakte der Inkas, bei denen Gold symbolischer Ausdruck für das Göttliche ist. Für die Inkas galt Gold als verfestigtes Licht, ein Stoff des Himmels und der Götter, mehr Kultobjekt als Währung. Durch das Vergolden sollte eine Verbindung zum Himmel entstehen, dem Ort, an dem das Gute und Reine bis in alle Ewigkeit bewahrt ist. Und da schließt sich der Kreis, ist doch das Bewahren auch ein zentrales Thema der Werke von William Rosewood: „Ich nehme nur Tiere, die auf der Liste der bedrohten Arten stehen.“

Mächtige Räuber, die auf der Roten Liste stehen – die Exponate wirken nach. Sie sind wie eine Lupe, die Rosewood ansetzt, um seine Aussage zu transportieren, um einen Fokus zu setzen: Allesamt sind sie gefährliche Kreaturen, die in freier Wildbahn eine Gefahr für den Menschen darstellen. Hier liegen sie bar jeden Lebens vor dem Betrachter. Das edle Material erzeugt in Verbindung mit dem nackten Skelett als grundlegendem Fundament des Körpers ein Spannungsfeld, das Fragen aufwirft. Sind sie eine Bedrohung oder die Bedrohten? Welchen Wert hat Leben? „Das Problem ist, dass diese Tiere gerade für ihr Fell oder ihre Knochen getötet werden“, sagt der Künstler nachdenklich. Der Goldüberzug kann also auch als Versuch verstanden werden, die Knochen wieder zu umhüllen, ist Schutzmantel und Exponierung zugleich.

Für Rosewood stellt die Natur einen ständigen Inspirationsquell dar, einen Ort an den er immer wieder zurückfindet, um sich zu erden, auch künstlerisch. „Wenn man meine Arbeiten betrachtet, findet man immer wieder Verbindungen zu ihr“, sagt er. „Wir brauchen die Natur, aber die Natur braucht uns nicht.“ Das Leben und der Umgang des Menschen mit dem Planeten ist für ihn eine Frage von Respekt und Nachhaltigkeit. Seine Kunst hat ein Ziel und das ist ehrgeizig: William Rosewood will mit seinen Kunstwerken zum Umdenken anregen. Er will ein Bewusstsein dafür schaffen, dass einige der größten Schätze unseres Planeten bald verschwunden sein könnten, wenn wir nicht mehr auf sie acht geben.

 

williamrosewood.com


GALERIEN

Die Arbeiten von William Rosewood sind derzeit in folgenden Galerien zu finden:

USA

Macaya Gallery

nw, 145 NW 36th Street

Miami, FL 33127 

Telefon: +1 786 577-0322

www.macayagallery.com

 Frankreich

Galerie Philia

11 Rue Bailly,

Paris, 75003

Telefon: +33 097 518-8359

www.galerie-philia.com

 Großbritannien

Unit London

147 – 149 Wardour Street

Soho, London W1F 8WD

Phone: +44 (0) 20 7494 2035

www.theunitldn.ncom

 

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