Materialist TV – Der Film über die Lederwarenmanufaktur Bernd Kreis.

Nur ein paar Jahrzehnte ist es her, als Landkreis und Stadt Offenbach als absolute Lederwarenhochburg galten. Dies war vor allem der Nähe zu Frankfurt am Main und seinem Status als internationale Messestadt geschuldet. Heute sind von den einst 250 Betrieben noch eine Handvoll übrig geblieben – viele Firmen konnten dem Druck von Billiganbietern aus dem Ausland nicht standhalten.

Materiallager mit unterschiedlichsten Häuten.

Eine Unternehmung hat es aber allen Widrigkeiten zum Trotz geschafft: die Ledermanufaktur der Familie Kreis. Im Herbst 1963 von Erich Kreis gegründet, führt seit 1996 Sohn Bernd das Unternehmen mit 15 Angestellten, welches vor allem für seine Gürtel, Taschen und Portemonnaies bekannt ist. Nach der Gründung wurden anfänglich Belederungen für Tischaschenbecher, Tischfeuerzeuge und Zigarettenboxen ausgeführt. Ende der 60er Jahre avancierten Gürtel in verschiedensten Farben zum Bestseller.

Unterschiedlichste Leder und Farben: Die Auswahl an Gürteln in immens,

Die Strategie von Bernd Kreis: Durch die Herstellung immer exklusiverer Produkte, Einzelanfertigungen und die stetige Verbesserung der Qualitäten konsequent auf Premiumprodukte setzen. Betritt man die in Obertshausen angesiedelte Manufaktur, strömt einem sofort der charakteristische Duft von Leder, diversen Rückfettungsmitteln, Klebern sowie Gerb- und Konservierungsstoffen in die Nase.

Bernd Kreis im Gespräch mit einer Mitarbeiterin.

Im kleinen Showroom geht es vorbei an aktuellen und zurückliegenden Kollektionen. Manche Kunden kommen vor weit her, um sich direkt vor Ort im Werksverkauf die schönsten Stücke auszusuchen. Die Gestaltung ist unprätentiös, funktional und von liebevoll ausgefertigten Details geprägt. Geht man dann weiter in die Werkhalle, bietet sich der Blick auf Regale voller Leder, verschiedene Arbeitsstationen, diverse Nähmaschinen und konzentriert arbeitende Mitarbeiter.

Mitarbeiter bei der Herstellung eines Gürtels.

Bernd Kreis erklärt, dass die Häute je nach Verwendungszweck aus unterschiedlichen Gerbereien bezogen werden – unter anderem aus der in Norddeutschland gelegenen Kellinghusener Gerberei Kobel, die auf einen traditionell rein pflanzlichen Gerbprozess in der Grube setzt. Sein liebstes Leder sei Pferdeleder, sagt Kreis. Es ist durch seine dichte und feste Faserstruktur äußerst abriebfest, robust und strapazierbar. Dieses Leder kauft er ausschließlich bei der weltweit renommierten Gerberei Horween Leather Co. aus Chicago, mit denen die Kreis Ledermanufaktur schon mehrere Jahrzehnte zusammenarbeitet. Durch diese langjährige Partnerschaft ist es der Manufaktur erlaubt, Lederteile mit dem Stempel der Gerberei nachzustempeln, welcher normalerweise nur einmal pro angeliefertem Lederstück aufgebracht ist. Dieser Stempel ist dann beispielsweise in der Innenseite eines geöffneten Portemonnaies zu sehen, was für viele Kunden ein weiteres Qualitätsmerkmal darstellt.

Höchste Präzision gefragt: Zuschnitt von Lederstreifen für die Fertigung von Gürteln.

Individuelle Anfertigungen werden bei Kreis gerne ausgeführt – für den Geschäftsmann, der schon sein Leben lang immer eine Packung Ricola Bonbons in seiner Aktentaschen dabei hat, nun mit perfekt darauf angepasstem Fach. Ein Hundehalsband mit zugehöriger Leine aus englischem Reitsportleder und Messinggussbeschlägen. Oder einen exklusiven Ledergürtel mit Halterungen für kleine Kräuterlikörfläschchen. Als Kunde darf man vom Verkäufer fachlich bestens beraten am Lederregal stehen und sich für sein Wunschprodukt das Material aussuchen. Alternativ kann auch telefonisch oder im Webshop bestellt werden.

Blick in die kleine Produktionshalle in Obertshausen bei Frankfurt.

Für die Herstellung eines Gürtels, von dem es bei Kreis mehr als 7.500 mögliche Varianten gibt, durchläuft das Produkt diverse Fertigungsstationen. Nach dem Zuschnitt wird die Dimensionierung, die Längeneinteilung und die Spitzenkontur festgelegt. Eine Kantenanschrägung folgt, sowie das Zusammenkleben der einzelnen Lagen. Weiter geht es mit der Kantenbearbeitung, wo diese egalisiert und gefärbt werden. Abschließend finden noch Näharbeiten statt und die Schließe wird befestigt. Diese Prozesse werden sorgfältigst von Hand ausgeführt und ähneln sehr der Arbeitsweise, wie sie schon vor einhundert Jahren praktiziert wurde.

Bernd Kreis hat die Manufaktur von seinem Vater übernommen. Von Beruf ist er Ingenieur und Konstrukteur.

„Für mich ist es wichtig, nach hinten zu schauen, um zu verstehen wie früher Lederwaren von den Handwerkern des 18. und 19. Jahrhunderts hergestellt wurden“, erklärt Bernd Kreis. So wird in seiner Manufaktur zum Beispiel der Aktentaschengriff, wie es einst üblich war, aus 11 bis 13 Schichten Leder von Hand genäht, was diesem eine extreme Langlebigkeit verleiht. Diese Langlebigkeit von nicht industriell gefertigten Lederprodukten wird durch eine entsprechende Pflege unterstützt: bei Rinds- und Kalbsleder empfiehlt Bernd Kreis farbneutrale, wachbasierte Schuhcremes der Firma Burgol. Bei fetthaltigen Ledern kommt am besten ein Lederfett zum Einsatz, welches die Witterungsbeständigkeit verbessert. Bei dem Pferdeleder von Horween Leather Co. sind Lederöl und Lederfett hingegen strikt zu meiden, da diese die Oberfläche des Leders zerstören würde – hier darf ausschließlich mit wachsbasierten Cremes gearbeitet werden.

Fertig für die Qualitätsprüfung: Portemonnaies.

Wer den Blick durch die kleine Produktionshalle schweifen lässt, dem fällt auf, dass manches Werkzeug und manche Maschine ein durchaus stolzes Alter erreicht hat. So gibt es unter anderem eine Nähmaschine mit 80 Jahren auf dem Buckel oder eine Spaltmaschine. die ihren 50. Geburtstag bereits hinter sich hat. Bernd Kreis erklärt, Die traditionellen Lederverarbeitungsmaschinen würden oftmals eine größere Bandbreite zulassen als die entsprechend neueren Modelle, sagt Kreis. „Erledigt eine Maschine noch mit hoher Präzision das was sie soll, dann darf sie auch in der Manufaktur stehen bleiben“, sagt Kreis.

Portemonnaie aus Krokodilleder (Foto: Jörg Steinmetz)
Klassische Aktentasche (Foto Jörg Steinmetz).
Herrengürtel (Foto: Jörg Steinmetz)

Neben den Maschinen werden aber vor allem auch entsprechend qualifizierte Mitarbeiter benötigt. Der Nachwuchs im Feld der lederverarbeitenden Ausbildungsberufe fehle schlichtweg, bedauert Kreis. In den letzten Jahren kommen pro Jahr in ganz Deutschland gerade einmal 5 bis 10 Auszubildende für einen Meisterkurs zusammen. Bernd Kreis ist sich sicher, dass dies nicht am Handwerk an sich liegt, sondern eher an den schwindenden Arbeitsmöglichkeiten, die sich in den letzten Jahren und Jahrzehnten stark reduziert haben. Auch deshalb wünscht er sich, dass sich auch andere wieder seinem Beispiel folgen, und neue Manufakturen im Bereich der Lederwarenproduktion entstehen – in einem Umfeld, in dem Nachhaltigkeit durch Langlebigkeit und Werthaltigkeit zelebriert wird, wo echtes Handwerk zählt und das von anspruchsvollen Kunden aus der ganzen Welt goutiert wird.

Text und Fotos Jacob Garms

Info

Kreis Ledermanufaktur

Samerwiesen 4

D-63179 Obertshausen

www.kreis-ledermanufaktur.de

Bernd Kreis Burgol Horween Leather Co. Kreis Lederwarenmanufaktur Obertshausen


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