Menu

Verborgene Juwelen

26. Juni 2025 Editorial Department6 Min. Lesezeit

Als hielte die Zeit den Atem an: an diesem Morgen im Jabal-Akhdar-Gebirge tastet sich die Sonne über die Hänge, während Tau auf den steinernen Terrassenfeldern schimmert. In unseren Händen leuchten die zarten Blüten der Rosa damascena – fragil und kostbar. Ich bin mitten in der Rosenernte von Amouage, dem legendären Dufthaus aus Oman, das seit über 40 Jahren Duftgeschichten erzählt.

Rosensträucher auf den Terrassenfeldern im Jabal-Akhdar-Gebirge.

„Diese Rose ist mehr als eine Zutat“, sagt Renaud Salmon, der kreative Kopf von Amouage, während wir durch die Felder streifen. „Sie ist ein Symbol für die Seele Omans – und für unseren Begriff von Luxus.“ Der Belgier, der für Duftmarken wie Alexander McQueen und Marc Jacobs tätig war, sieht Parfum nicht als Produkt, sondern als Kulturgut. Für ihn beginnt echte Kreativität nicht im Labor, sondern im Moment – im Duft der Berge.

Reiche Ernte: Ein Korb voll frischer Rosenblüten.

„Es ist ein Gefühl tiefer Ruhe, fast spirituell“, beschreibt Renaud Salmon den Moment der Ernte. „Diese Abgeschiedenheit erlaubt dir, im Jetzt zu sein – verbunden mit Natur und Mensch. Luxus durch Einfachheit.“ Ein Gedanke, der in dieser Landschaft sofort einleuchtet.Lange galt die Damaszenerrose als Geschenk aus Damaskus, doch ihre Wurzeln liegen im Vorderen Orient, einst kultiviert im alten Persien. Heute wächst sie auch in der Türkei, im Iran, in Bulgarien und Marokko – doch nur für wenige kostbare Wochen im Frühjahr. 

Die Landschaft von Jabal Al Akdar ist geprägt von steinigen Terrassen.

Was die omanische Rose besonders macht, ist ihr Ursprung: das Hochland des Jabal Akhdar. In über 2.000 Metern Höhe, zwischen steinernen Terrassen und nährstoffreichen Böden, nimmt sie mineralische Nuancen aus ihrer Umgebung auf – spürbar in ihrer Essenz. Ihr Duft: fein rosig, mit Noten von Honig, Zitrus, Puder, reifen Früchten und einem Hauch Pflaume. So unverwechselbar, dass man sie „Omani Rock Rose“ nennt – eine Blüte mit Charakter und Tiefe.

Die Blätter der Rose dürfe nur frühmorgens gepflückt werden – wenn sie ihren höchsten Ölgehalt haben.

Nur frühmorgens, wenn die Blüten ihren höchsten Ölgehalt haben, dürfen sie gepflückt werden – und müssen rasch zur Destillation, bevor sich ihr Duft verflüchtigt. Die Ernte ist ein Wettlauf gegen Zeit, Hitze und Licht. Und doch wirkt hier oben alles entschleunigt. Fast ehrfürchtig. „Diese Rose ist wie Oman selbst: ein verborgenes Juwel“, sagt Salmon. „Hinter jeder Kurve wartet ein neues Wadi, eine Entdeckung. Diese Tiefe wollen wir in unseren Düften einfangen.“

Renaud Salmon, der kreative Kopf von Amouage. (Foto: Shelby Duncan)

Mit Erfolg: Erstmals wurde die Omani Rock Rose durch Amouage in reines ätherisches Öl verwandelt – ein Meilenstein, olfaktorisch wie kulturell. Denn die Rose ist nicht Omans einzige botanische Kostbarkeit. Auch der kräftige Wacholder der Berge und der legendäre Hijari-Weihrauch – einer der reinsten der Welt – prägen das Dufterbe des Landes. Beide sind längst fester Bestandteil im Repertoire von Amouage und darüber hinaus.

Die ikonischen Düfte von Amouage, kunstvoll inszeniert mit Rosenblättern und Blick auf das spektakuläre Jabal-Akhdar-Gebirge.

Was macht ein Parfum kostbar? Inhaltsstoffe, Design, Marketing? Für Renaud Salmon liegt die Antwort woanders: „Wahrer Luxus hat mit Zeit zu tun – mit Geduld und Zutaten, die nicht unbegrenzt verfügbar sind.“ Für einen Liter Rosenöl braucht es vier Tonnen Blüten, von Hand gepflückt und in kleinen Kupferdestillen verarbeitet – eine fast vergessene Kunst.

Die von Hand gepflückten Blütenblatter werden in kleinen Kupferdestillen verarbeitet.

Auch Zeit ist eine zentrale Zutat der neuen Linie Amouage Essence. „Unsere Welt verlangt ständige Verfügbarkeit. Aber was, wenn wir uns dieser Logik entziehen? Dann entsteht Raum für echte Qualität – und für Seele.“

Autor Michael Tulgay vertieft sich in den Duft der frisch gepflückten Blüte.

Salmon glaubt nicht an Perfektion im Duft. Er sucht Charakter, Nuancen, Überraschungen: „Ein Duft verliert seine Seele, wenn er perfekt sein muss. Wer immer das Gleiche will, verpasst 90 Prozent der olfaktorischen Möglichkeiten.“ Renaud Salmon erinnert sich an die Entstehung von Outlands aus der Amouage Essence-Kollektion – ein Duft, der sieben Monate Reifezeit benötigt und hierzulande schnell vergriffen war. „Hätte ich mich an industrielle Standards gehalten, gäbe es diesen Duft nicht. Aber genau diese Zeit ist seine wichtigste Zutat.“ Exklusivität um der Arroganz willen interessiert ihn nicht. Es geht um Tiefe, Bedeutung – und Resonanz. „Ein Duft hat Wert, wenn er etwas in dir berührt. Wenn er dir zuflüstert: Du hast die richtige Wahl getroffen.“

Die Helfer tragen extra bestickte Schürzen in der Farbe der Blütenblätter.

Amouage ist heute weit mehr als ein exklusives Haus der High Perfumery. Als „König der Düfte“ gefeiert, gilt es als Labor der olfaktorischen Avantgarde. Es arbeitet mit internationalen Top-Parfumeuren wie Alexandra Carlin, Cécile Zarokian oder Quentin Bisch – Namen, deren Werke sich längst in Badezimmerschränken weltweit finden. Und doch hebt sich Amouage ab: Die Zusammenarbeit mit diesen „unsichtbaren Künstlern“ beschreibt Salmon nicht als Prozess, sondern als Beziehung. „Wir müssen auf derselben Frequenz sein. Es geht nicht nur um Worte, sondern ums Fühlen – nur dann entsteht etwas Echtes.“ Oft beginnt alles mit einer persönlichen Faszination, wie bei Quentin Bisch. Der Franzose entwickelte Guidance und Purpose – zwei Bestseller der letzten Jahre. Besonders Purpose50 (die Zahl steht für den Ölgehalt) hat im Oman Kultstatus erreicht. „Die Menschen sagen: Das ist der Geruch eines omanischen Mannes.“

Parfumeur Théo Belmas prüft den Duft frischer Blüten.

Obwohl Renaud Salmon den Duftmarkt aufmerksam verfolgt – von TikTok-Trends bis zu den Launch-Wellen großer Konzerne – bleibt Amouage bewusst außerhalb des Lärms. „Ich rieche alles. Nicht, um zu kopieren, sondern um anders zu sein.“ Es gehe darum, Muster zu erkennen, nicht Trends zu jagen.

Auch die Generation Z nimmt er ernst. „Sie hat Parfum neu entdeckt – emotional, bildhaft, instinktiv. Das ist erfrischend.“ Und doch bleibt er seinem Prinzip treu: Tiefe statt Hype, Charakter statt Masse. Für ihn ist ein Duft wie eine Stadt – voller Architektur, Geschichten und Geheimnisse. Wie geht es weiter? In einer Welt, in der alles zum „Lifestyle“ wird, bleibt Salmon klar: „Alles, was wir tun, muss zur Parfumkultur zurückführen.“ Raumdüfte? Aromatherapie? Vielleicht. Aber immer mit olfaktorischem Fokus.

Renaud Salmon in seinem Atelier. (Foto: Shelby Duncan)

„Amouage steht für die großzügige Seele Omans“, sagt er. „Meine Aufgabe ist es, diese Seele in eine Sprache zu übersetzen, die die Welt versteht – ohne sie zu verwässern.“ Der Erfolg gibt dem Haus recht: In den vergangenen drei Jahren hat sich der Umsatz mehr als verdoppelt. Im Jahr 2024 verzeichnete Amouage ein Wachstum von über 30 Prozent mit einem jährlichen Einzelhandelsumsatz von über 260 Millionen US-Dollar. Dies unterstreicht die Stärke des transparenten, kunsthandwerklich geprägten Geschäftsmodells.2023 erzielte Amouage einen Rekordwert von über 210 Millionen US-Dollar – beeindruckend für ein unabhängiges Dufthaus, das keinem Konzern angehört. Bemerkenswert: All das gelingt ohne große Werbekampagnen, ohne Promikooperationen – getragen von kompromissloser Qualität und der stillen Eleganz Omans.
Hier, wo Berge flüstern statt zu rufen, scheint ein anderer Rhythmus zu gelten. Ein leiser, entschleunigter Luxus, der Tiefe sucht statt Lautstärke – und vielleicht gerade deshalb so wertvoll ist.

Bericht von Michael Tulgay


Über Amouage
Gegründet 1983 auf Initiative des Sultans, war Amouage ursprünglich exklusiv für königliche Gastgeschenke reserviert. Heute steht das Haus für kraftvolle Duftkreationen mit weltweiter Fangemeinde. Für 2025 sind über zehn neue Boutiquen geplant – in Nordamerika, Asien und erstmals auch in Europa. In Deutschland vertreibt die Nobilis Group die Marke über ausgewählte Einzelhändler und online unter amouage.com.

Anreise
Turkish Airlines bietet das größte Streckennetz der Welt und verbindet Deutschland via Istanbul mit dem Oman mit elf Verbindungen aus Deutschland, drei in der Schweiz und zwei in Österreich.

Die neue, luxuriös gestaltete Business-Class von Turkish Airlines bietet viel Comfort und Ruhe.

Übernachten
Das Mandarin Oriental Muscat im Stadtteil Shatti Al-Qurum bietet traumhaften Meerblick. Abends galoppieren Pferde am Strand, während im Spa orientalische Behandlungen mit Weihrauchöl und Rose für tiefe Entspannung sorgen.

Pool-Terrasse des luxuriösem Mandarin Oriental Muscat.
WordPress Cookie Plugin von Real Cookie Banner