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Die Legende ist zurück
By Editorial Department access_time 10 min read

Zuerst die Vorgeschichte, Stichwort Unternehmertum. In diesem Fall beginnt sie im 19. Jahrhundert mit den Sägereibesitzern Franz Josef Bucher-Durrer und Josef Durrer-Gasser. Die tatkräftigen Schweizer durften auch eine Parkettfabrik ihr eigen nennen. Was fehlte, war eine repräsentative Ausstellungsfläche. Warum also nicht an angemessen reizvoller Stelle ein Grand Hotel bauen, wo man der zahlungskräftigen Gesellschaft quasi beiläufig ein paar schicke Bodenbeläge präsentieren konnte.

Viel Heritage, bestens renoviert: Das Palace auf dem Bürgenstock.

So oder so ähnlich muss es sich zugetragen haben, als Bucher und Durrer anno 1871 die Alp Tritt auf dem Bürgenberg am Steilabfall in den Vierwaldstätter See kauften und das schöne Hotelprojekt den Namen Bürgenstock bekam. Am 23. Juni 1873 öffnete das Grand Hotel unter dem damaligen Namen Hotel Kurhaus seine Tore, gefolgt vom Park-Hotel im Jahr 1888 und dem Palace Hotel im Jahr 1904. Zwischen 1900 bis 1905 wurden dann auch noch mehrere Villen östlich des Palace errichtet. 

Der Bürgenstock war von Anbeginn mehr als nur ein luxuriöser Beherbergungsbetrieb, sondern eine Philosophie, ein Spiegel der Zeit

Es war das Zeitalter der Belle Époque. Wer es sich leisten konnte, legte Wert auf opulente Dekoration, der Parketthandel florierte. Und die Herren Bucher und Durrer hatten mit ihrem visionären Hoteldorf das Fundament gelegt für die Schweizerische Hotelgesellschaft. Bald avancierte diese zum damals größte Hotelunternehmen der Welt, das sich am Ende bis nach Kairo ausgebreitet hatte.

Die Lobby im Palace.

Inzwischen gehört der ganze Höhenzug der Katara Hospitality, einer Tochtergesellschaft des Staatsfonds Qatar Investment Authority, die auch noch in ein paar andere Kronjuwelen der internationalen Luxushotellerie investiert ist. Es wurde entstaubt, entrümpelt, abgerissen, neu gebaut, ganz nach dem Motto: was hat einer im Haifischbecken einer von immer spektakuläreren Reizen getriebenen Welt des Edeltourismus zu suchen, wenn er sich weigert, in Punkto Architektur, Design und Erholungsangeboten spektakuläre Trends zu setzen. Nichts! Dieses Spielfeld wird beherrscht von den Innovativen, den Experimentierfreudigen und Zukunftsorientierten mit prall gefüllter Kriegskasse.

Zum Bürgenstock Hotel führt eine rot lackierte Standseilbahn.

Ganz dem Zeitgeist entsprechend wurde für gut eine halbe Milliarde Schweizer Franken ein hochmodernes, multiples Hotel-, Gastronomie- und Wellness-Tableau auf dem Bergkamm gesetzt, das nicht nur die internationalen Geschmäcker bedient, sondern mit der wundervollen voralpinen Gartengestaltung, einer behutsam integrierten bäuerlichen Materialwelt mit viel Naturstein und Holz, der historischen Kapelle und einer urtümlichen Beiz genügend Lokalkolorit enthält, um auch für regionale Gäste ein gern besuchter Anziehungspunkt zu sein.

Imposante Vorfahrt für Gäste, die mit dem Wagen kommen.

Dass auf dem Bürgenstock einst illustre Persönlichkeiten wie Konrad Adenauer, die indische Ministerpräsidentin Indira Gandhi, US-Präsident Jimmy Carter, Sean Connery oder das Schauspieler-Ehepaar Sophia Loren und Carlo Ponti sowie Audrey Hepburn und Mel Ferrer Erholung fanden, schenkt diesem Ort bis heute eine wunderbare Heritage, die sich in einer liebevoll kuratierten Ausstellung studieren lässt.    

Spektakuläre Lage auf einem Bergkamm mit Blick über den Vierwaldstätter See.

Nach neun Jahren Planungs- und Bauzeit präsentierte sich das Bürgenstock Resort Lake Lucerne am 28. August 2017 der Öffentlichkeit. Die Anlage umfasst vier Hotels in den Kategorien drei bis fünf Sterne Superior mit 383 Zimmern und Suiten, einem Health & Medical Excellence Center, Residence Suiten mit Hotelservice, dem beispiellosen 10.000 Quadratmeter großen Alpine Spa mit Infinity-Pool, sowie zwölf Restaurants, Bars und Lounges.

Aussichtsreich: Die Lobby-Bar des Bürgenstock Hotels.

Mit allerhöchsten Noten muss man die Architektur und die Ausstattung des prächtigen Herzstücks bewerten: Der imposante L-förmige Baudes Bürgenstock-Hotels, entworfen von dem ortsansässigen Büro Rüssli Architekten in Luzern, besteht aus zwei Flügeln, dazwischen liegt die markante Terrasse. Die Baukörper sind direkt an die Hangkante gesetzt und gegeneinander verschoben. Sie orientieren sich damit nach Norden und Süden und bieten auch eine West-Ost-Ausrichtung mit Blick auf den legendären Aussichtspunkt Hammetschwand, ins Tal und in die Berner Alpen.

Moderne Eleganz: Deluxe Lakeview Room im Bürgenstock Hotel.

Über dem gläsernen Sockel des West-Flügels erhebt sich der Penthouse-Aufbau. Herzstück des Bürgenstock Resorts ist die Piazza mit Boutiquen und Cafés. Hier befindet sich auch die Bergstation der Bürgenstockbahn. Die Fassade des Hotels ist in hellen Muschelkalk eingefasst und thront quasi wie ein Wolkenkratzer über dem gläsernen Sockel. 101 luxuriöse Zimmereinheiten, auf sieben Geschossen verteilt, bieten optimale Fernsicht. Der Bau erhebt sich 440 Meter über dem See. Diese Höhe entspricht modernen Hotel-Hochhäusern von Metropolen wie Dubai, Shanghai oder Tokyo. Die Lobby bietet eine erhabene Aussicht hoch über dem See, einer Lobby im 79. Stockwerk gleich.

Hier einen Tee zu nehmen, wird fast automatisch zum Andachtsmoment: Still sitzen, staunen und sich ganz in diesen Augenblick verlieren

Hier einen Tee oder einen Drink zu nehmen, wird fast automatisch zum Andachtsmoment: Still sitzen, staunen und sich ganz in diesen Augenblick verlieren. Von der Sonnenterrasse, die sich durchgehend zwischen den beiden Flügeln des Hotels ausbreitet, genießen die Hausgäste ebenfalls den Blick auf das Panorama. Unter der Terrasse befindet sich eine Bar und eine Lounge – auch hier hat man Sicht auf See und Alpen. Von der Zubringerbahn gibt es einen direkten Eingang in die Lobby und Rezeption des Hotels.

Abendstimmung am Poolpatio.

Auch wenn es vor Ort mehrere Helikopter-Landeplätze gibt, den wenige Minuten entfernten Privatflugplatz Buochs, eine Postbus-Linie und eine Tiefgarage für alle, die mit dem PKW kommen, ist die romantischste Form der Anreise wohl die per Schiff von Luzern aus über den See. Am Heck des Katamaran mit Hybridantrieb – dem schnellsten Schiff auf dem Vierwaldstättersee – flattert im Wind die Schweizer Fahne. Schon von weitem erkennt man den imposanten Bau, der alles mitbringt um zu einer Ikone der modernen Schweizer Luxushotellerie zu werden.

Die Fassade des von Matteo Thun entworfenen Waldhotels wird von einem Pergolasystem aus Lärchenholz geprägt.

Neueste Errungenschaft des Resorts ist das im Dezember 2017 eröffnete Waldhotel Health & Medical Excellence, entworfen von Matteo Thun. Der italienische Star-Architekt hat hier konsequent seine Vision von nachhaltigem Bauen umgesetzt. Bei der Fassade kamen sogenannte Gabionen zum Einsatz, metallene Steinkörbe, die mit dem Kalk- und Gneisgestein der Aushubarbeiten auf dem Berg gefüllt sind.

In der Ferne holen Bauern das Heu ein und das Frühstücksei am nächsten Morgen stammt von einem der benachbarten Höfe

Als zweiter Werkstoff im Außenbereich dient Lärchenholz. Thun schuf ein Pergola-System für die Balkone und Terrassen, das als Schutz vor Sonne und Witterungseinflüssen fungiert. Mit seinen natürlich begrünten Flachdächern fügt sich das Waldhotel perfekt ins Landschaftsbild ein.

Balkon einer Suite im Waldhotel.

Das Konzept des Hauses richtet sich an eine gesundheitsbewusste Klientel. Es hat sich der Regeneration und dem Thema Detox verschrieben, die Treatments ganz im Einklang mit der Natur. Kernstück ist das 4.200 Quadratmeter große Health & Medical Center sowie das wunderschöne, großzügig geschnittene Waldhotel-Spa. 23 der 160 Zimmer sind ausschließlich auf die Betreuung von Patienten aus dem Bereich der muskuloskelettalen, internistisch-onkologischen und psychosomatisch-sozialmedizinischen Rehabilitation ausgerichtet.

Die Zimmer des Waldhotels sind mit Kräutermotiven dekoriert.

Das Angebot umfasst diagnostische, therapeutische und rehabilitative Anwendungen, die durch verschiedene Präventionsprogramme komplettiert werden. In der Lernküche „Cooking Lab“ lassen sich die Prinzipien einer leichten, vollwertigen Ernährung erproben. Gut, dass zum Haus auch gleich ein eigener Kräutergarten gehört: In zwölf Beeten lassen sich über 25 verschiedene Kräuter ernten.

Indoor-Pool im Waldhotel-Spa.

Als anderes Highlight gilt die Kältekammer. Durch einen massiven Adrenalin- und Endorphinschub wird die Therapie als eine Art Jungbrunnen erlebt. Bei Minus 110 Grad Celsius sollen schmerz- und entzündungshemmende Mechanismen in Gang gesetzt werden, was etwaRheuma- oder Schmerzpatienten Linderung verschaffen kann. Experten zufolge kommt das Verfahren auch für Menschen mit Schlafstörungen, Depressionen oder Burn-Out-Syndrom sowie bei einigen Hauterkrankungen Infrage.

Badezimmer einer Waldhotel-Suite im Design von Matteo Thun.

Aber man kann auf dem Bürgenstock auch ganz einfach nur Fahrrad fahren, wandern oder Golf spielen um sich Appetit zu holen für den Besuch eines der Restaurants. Die kulinarische Auswahl reicht von der schweizerischen Küche über einen Showgrill bis zu asiatischen, orientalischen oder mediterranen Speisen. Auch französische Gourmetküche wird zelebriert, mit 3-Sterne-Koch Marc Haeberlin als Signature Chef. 

Das panasiatisch konzipierte Restaurant Spices lockt mit authentischen Aromen aus Japan, China, Indien und Thailand.
Das Restaurant Spices bietet atemberaubende Ausblicke auf den See.
Auf der Poolterrasse des Restaurants Oak Grill locken Fleischspezialitäten.
Seafood-Tower für die Freunde edler Meeresfrüchte.
Genuss par excellence: Marc Haeberlin prägt als Signature Chef die kulinarische Handschrift des RitzCoffier. Seine französische Haute Cuisine ist mit drei Michelin-Sternen ausgezeichnet.
Die Terrasse des orientalisch geprägten Restaurants Sharq.

So schließt sich der Kreis zwischen gestern und heute. Der Bürgenstock war von Anbeginn mehr als nur ein luxuriöser Beherbergungsbetrieb, sondern eine Philosophie, ein Spiegel der Zeit.  Hier wurden nach romantischen Liebestrips Ehen geschlossen wie die zwischen Audrey Hepburn und Mel Ferrer, hier hat man glamouröse Feste gefeiert, Geschäfte gemacht, Märchenwelten gebaut und in der Natur Erholung, seelische Tiefenschärfe und Klärung gesucht.

Indoor-Pool des mehrfach preisgekrönten Alpine Spa.

Aber es wurden auch neue Konzepte ausprobiert, die Errungenschaften der jeweiligen Zeit auf den Prüfstand gestellt. Nie war die Luxushotellerie so international wie heute, die Architektur und das Interior-Design bei aller Experimentierfreue so universell. Trotzdem hat es der Betreiber Katara Hospitality geschafft, eine liebenswerte Portion Regionalität und Swissness zu erhalten. Zum Einschlafen läuten unter dem Fenster des Waldhotels die Kuhglocken, Greifvögel ziehen Ihre Runden. In der Ferne holen Bauern das Heu ein und das Frühstücksei am nächsten Morgen stammt von einem der benachbarten Höfe. Es duftet nach Holz, nach Heimat. Auf dem Kopfkissen wartet ein Stückchen Schweizer Schokolade.

Blockbuster und Sportübertragungen: Das eigene Kino im Bürgenstock-Resort bietet ein abwechslungsreiches Programm.

Weit unten naht das Schiff. Zum Abschied geht es bergab, mit der rot lackierten Standseilbahn. Oben strahlt das Schöne und Helle den Neuankömmmlingen entgegen.

TEXT//THOMAS GARMS

 

FAKTEN

BÜRGENSTOCK RESORT

CH-6363 Obbürgen

Telefon +41 41 612 60 00

Telefax +41 41 612 60 99

reservations@buergenstock.ch

www.buergenstock.ch

Doppelzimmer pro Nacht ab 343 Euro

Bürgenstock Resort Design Franz Josef Bucher-Durrer Grandhotel Josef Durrer-Gasser Katara Hospitality Luxushotel Matteo Thun Quasar Investment Authority Schweiz Vierwaldstätter See